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Im Theater der Jugend in Wien wird derzeit „Peter Schlehmihls wundersame Geschichte“ aufgeführt. Die technische Besonderheit? Mit einer durchsichtigen Zwischenwand wird ein Schattenspiel erzeugt, dass nicht nur die jungen Zuschauenden begeistert.

Foto: © Rita Newman

Die Geschichte des Peter Schlehmihls nach Adalbert von Chamisso, mit Regie von Gerald Maria Bauer und Dramaturgie von Sebastian von Lagiewski, ist eine Tragische. Peter Schlehmihl, gespielt von Marius Zernatto, hat nicht viel Glück, und doch sucht er das Glück dieser Erde. Doch eines Tages trifft er auf einen Fremden, der ihm einen nie versiegenden Geldsack verspricht, wenn Schlehmihl ihm dafür seinen Schatten überlässt. Doch ist man ohne seinen Schatten noch man selbst? Schlehmihl geht erst auf den Handel ein, möchte ihn aber, nachdem er einige Ablehnung erfährt, wieder rückgängig machen und sucht den Fremden. Er macht sich auf, auf eine Reise um die Welt.

Der Schatten steht im Mittelpunkt der Inszenierung des Stückes, und muss so auch präsentiert werden. Die Inszenierung des Schattens ist in dieser Form einzigartig: Der Bühnenbildner, Lichtdesigner und Ausstatter Friedrich Eggert, der für Oper, Schauspiel und Musical in ganz Europa arbeitet, hat sich etwas Besonderes ausgedacht. Der Schatten, der eine eigene Figur im Stück annimmt, wird durch Verwendung mehrerer Zwischenwände dargestellt. Zusätzlich gibt es eine Art durchsichtiges Prospekt, in dessen Zwischenräumen die Schauspielenden den Schatten ahmten und nur als solcher sichtbar waren. Eine ausgeklügelte Beleuchtungstechnik wird hier gebraucht!

Der Schatten lässt viel Interpretations-Spielraum: Er nimmt mehrere Gestalten an, und könnte auch für die Seele stehen, die man an den Teufel verkauft. Diese Interpretation zieht sich durch viele Vorstellungen und Kulturen. Interessant dabei: Schlemiel steht im jiddischen für eine ungeschickte Person, das unschuldige Opfer von Streichen.

Friedrich Eggert hat hier ein paar Fragen zur Technik hinter „Peter Schlehmihls wundersame Geschichte“ beantwortet.

Welche technischen Besonderheiten gab es beim Stück „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“?
Die besondere Herausforderung des Stückes bestand darin, dass die Hauptfigur ihren Schatten verkauft: es musste also auf der Bühne sichtbar gemacht werden, dass es Figuren mit und Figuren ohne Schatten gibt. Das galt allerdings nicht für alle Szenen, sondern sollte nur manchmal eine Rolle spielen. Wir brauchten also einen technischen Trick, wie man das szenisch am Besten umsetzen kann.
Zum Einen haben wir möglichst viel mit Seiten- und Gegenlicht gearbeitet, um die durch die Theaterbeleuchtung entstehenden Schatten so weit wie möglich zu reduzieren. Dazu gab es im Hintergrund der Bühne einen „Schattenraum“, der nach vorne mit einem Tüll und nach hinten mit einer Operafolie begrenzt war.

Wie funktionierte dieser Schattenraum?
In diesem Raum traten komplett schwarz gekleidete Doubles der jeweiligen Schauspielerinnen auf, die simultan alle Bewegungen der vorne gespielten Szenen doppelten. Wir haben die Schatten der Darstellerinnen also mitgespielt. Der Effekt wurde durch die weiß beleuchtete Opera dahinter noch verstärkt: während die Szene vorne „normal“ beleuchtet wurde, sah man die Schattenszene im Gegenlicht der Folie nur als Silhouette, also als komplett schwarze Schatten.

Es waren unterschiedliche Schauspieler*innen der Schatten - war das sichtbar? Wenn ja beabsichtigt?
Wir hatten für alle Figuren mit Schatten jeweils eine „Schattenbesetzung“, die in Kostüm und Maske bis zur letzten Locke identisch angezogen war, nur eben ganz in schwarz. Manchmal mussten wir ein Bißchen tricksen, z.B wenn sich die Darsteller*innen nicht ganz ähnlich waren oder wegen der Szenenfolge jemand anderes die Schattenrolle übernehmen musste. Aber ich hoffe, man hat es nicht gemerkt!

Wie kamen Sie auf die Idee mit dem Schattenraum und was gab es für Schwierigkeiten?
Wir haben am Anfang versucht, die Schatten tatsächlich als Schatten sichtbar zu machen, d.h. mit Darstellerinnen, die hinter einer Leinwand synchron spielen. Das haben wir aber schnell verworfen, weil die "echten" Figuren und ihre Schatten mit einer Folie zwischen sich keinerlei Kontakt gehabt hätten. Aber auch so war es für die Schauspielerinnen wirklich eine Herausforderung, da sich Figur und Schatten erst sehen und ihre Bewegungen koordinieren können, wenn sie auf der Bühne angekommen sind. Das bedeutet für die Auftritte aus den Gassen, dass man sich extrem gut absprechen muss, wie und wann man auftritt, um tatsächlich gleichzeitig und synchron auf der Bühne zu erscheinen. Aber das haben unsere Darsteller*innen so perfekt hinbekommen, dass man als Zuschauer keine Ahnung hat, wie schwierig es ist - und so soll es ja sein!


Das Stück „Peter Schlehmihls wundersame Geschichte“, aufgeführt vom Theater der Jugend, ist noch bis zum 1.Mai 2022 im Renaissancetheater in Wien zu sehen, mehr Informationen gibt es hier: https://www.tdj.at/spielplan/spielplan-20212022/s/peter-schlemihls-wundersame-geschichte

Foto: © Rita Newman

Foto: © Rita Newman

Foto: © Rita Newman

Foto: © Rita Newman

Foto: © Rita Newman

Foto: © Rita Newman

Foto: © Rita Newman

Lichtkonzept und Ausstattung: Friedrich Eggert

(ip)

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