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Film-Experte Martin Prinoth weiß, worauf es bei der Videoregie und Live-Kameraführung im Theater ankommt. Ein Gespräch über Herausforderungen und Potenziale von Video auf der Bühne.

Im Bühnenbild von „Hänsel & Gretel“ präsentierte Videokünstler Martin Prinoth (Mitte) seine Arbeitsweise und gab Einblicke in die Videoregie und Live- Kameraführung im Hamburger Thalia Theater. Foto: Thalia Theater GmbH

Wann ist der Einsatz von Video auf der Bühne sinnvoll?

Martin Prinoth: Ein gutes Videokonzept bedeutet für mich nicht bloß zu „bebildern“, sondern neue Bilder zu schaffen die einer eigenen Dramaturgie folgen. Dabei hängt es immer von der Theaterproduktion ab, inwieweit es aus einem künstlerischen und inszenatorischen Gedanken heraus Sinn macht mit Video zu arbeiten.

Was sind die Vorteile von Live-Kamera auf Bühnen?

Die Unmittelbarkeit der Live-Kamera den performativen Moment auf der Bühne in einem vergrößerten Maßstab und in Echtzeit wiederzugeben, erzeugt eine besondere Sog- und Spannungswirkung. Die Inszenierung „Hänsel & Gretel“ im Thalia Theater Hamburg (DE) stellte in diesem Zusammenhang für meine beiden Kamerakolleginnen und Kollegen und mich als leitenden Kameramann eine besondere Herausforderung dar. Das Stück funktioniert über weite Strecken wie ein geschnittener Film, der von einem Live-Editor gemischt wird. Dabei kommt es für uns an der Kamera darauf an, die jeweiligen Bildeinstellungen sehr schnell und präzise zu bekommen damit taktgenau geschnitten werden kann. Den besonderen Reiz von Live-Kamera auf der Bühne verspüre ich beim Publikum immer dann, wenn die Kamera Close-Ups von den Schauspielenden macht und selbst kleinste mimische Spielweisen wahrgenommen werden. 

Was sind aktuelle Herausforderungen dabei?

Die größten technischen Herausforderungen sind sicherlich damit verbunden das Bildsignal in höchstmöglicher Qualität und mit kleinstmöglicher Latenz vom Aufnahmemedium auf die Projektionsfläche zu bekommen. Für die Thalia Produktion haben wir mit kabelloser Übertragung gearbeitet und das Signal mit 1080p/50 und 10bit über Funkstrecken übertragen. Eine Kabelübertragung hätte die Dynamik unserer Kameraarbeit zu stark eingeschränkt.

Welches Potenzial bzw. Tendenzen zeichnen sich zukünftig ab?

Ich sehe sowohl unter einem künstlerischen als auch einem technischen Aspekt großes Potential im Einsatz von Video und Live-Kamera auf der Bühne. Wichtig ist dabei immer der Kontext der Inszenierung. Tendenzen sind schwer fest zu machen, da alles erlaubt und nichts verboten ist. Die Kameratechnik entwickelt sich vor allem in der Hardware rasant weiter. Hochauflösende Kameras werden immer kleiner, sind wasserresistent und können fliegen; das bietet neue gestalterische Möglichkeiten.

Zur Person: Martin Prinoth geboren 1983 in Bozen, Italien studierte Film und digitales Kino an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Ist freischaffender Filmemacher, Kameramann und Videokünstler. Zusammenarbeiten im Theater mit Nicolas Stemann, Kommando Himmelfahrt, Mpumelelo Paul Grootboom, Ene-Liis Semper&Tiit Ojasoo.

Die Theatertage für Studierende

Vom 28. bis 30. Juni 2018 fanden im Hamburger Thalia Theater die Theatertage für Studierende „ThaliaCampus“ statt. Bei diesen boten spannende Workshops Einblicke in die Welt des Theaters hinter und auf der Bühne. Dazu zählte auch der von Martin Prinoth geführte Workshop, bei dem er den Teilnehmenden zeigte, wie Live-Video und Live-Editing im Rahmen der Inszenierung „Hänsel und Gretel“ durchgeführt werden. Thema waren zum einen die Herstellung von Videosequenzen auf den Probebühnen des Thalia Theaters und in einem Waldstück in Estland; aber vor allem auch die Komplexität des Schnitts und der verschiedenen Techniken, die angewendet werden, um die Illusion zu erschaffen, Rammstein-Frontman Till Lindemann befände sich ebenfalls live auf der Bühne. Ein zweiter Teil des Workshops führte mit Videokünstler Yannick Stahmer in die Videoregie. Die Herausforderung, lernten die Studierenden hier, liege darin, das Zusammenspiel von Video, Ton und Schauspielenden wie aus einem Guss erscheinen zu lassen. Weitere Workshop-Themen kamen aus den Bereichen Regie, Kostüm, Schauspiel, Dramaturgie, Fotografie und Performance.

Thalia Theater

ThaliaCampus

 

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