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Die Alpen, die Alpengesellschaft und der ausbeuterische Kapitalismus – Themen, die von Elfriede Jelinek und Schriftsteller Fiston Mwanza Mujila in „In den Alpen“ und „apres Les Alpes“ in unterschiedlichem Tenor aufgegriffen werden. Das Volkstheater macht daraus einen Doppelabend und vereint die beiden Stücke miteinander. Bühnenbildnerin Elisabeth Weiß gab PROSPECT bereits in „Der Wechsel von Perspektive 1.0“, Einblicke in die Gestaltung des Bühnenbilds und die dahinterstehende Technik. Nun verrät Annalena Fröhlich, Video- und Tonkünstlerin, mit welchen magischen Cues sie das Publikum ins Staunen versetzt.

„Der Abend lebt durch die Detailverliebtheit und Kreativität des Gesamtteams, sowie deren ernsthafte Auseinandersetzung mit den Themenkomplexen“, sagt Annalena Fröhlich. Bild © Marcel Urlaub

„Die Techniker:innen und ihre Arbeit sind zentraler Teil der Inszenierung. Ihre Präsenz auf der Bühne ist nicht bloß praktisch gedacht, sondern inhaltlich präzise ins Stück inszeniert, das prägt den Abend“, gibt Fröhlich über den Abbau der Bühnenrequisite während des Stücks preis. Fröhlich hat daran gearbeitet, das zusammengesetzte Werk, als eines darzustellen und zusammenzubringen: „Es werden in den beiden Texten so unglaublich große, diffizile Themenkomplexe verhandelt. Und das zu durchdringen, in eine Form zu packen und zu einem Guss zu inszenieren, war für das gesamte Team harte Denkarbeit.“

Das Stück
„Die Schwierigkeit für mich ist jeweils, welchen Inhalt des Themenkomplexes ich wie in meine Medien umsetze. Also, welche Funktion sollen meine Mittel in der Inszenierung einnehmen. Wo soll illustriert, wo soll Sound und Video eine andere Ebene hinzufügen und wo übernehmen meine Medien die Hauptfunktion“, gibt Fröhlich preis. Die Video- und Tonkünstlerin arbeitet mit Ableton Live, Rekordbox, Midi Controller und Logic Pro. Für Videoinstallationen verwendet sie Premiere Pro und Aftereffect. „Ich schneide und mische bereits existierendes Videomaterial mit von mir animierten Objekten.“, so Fröhlich. Alsbald die Videofiles und Abelton-Sessions in das hausinterne System übertragen werden, laufen die Medien direkt über das PA-System und Mischpult des Theaters: „Die Ton- und Video-Teams am Volkstheater Wien sind großartig und es ist ein unglaublicher Spaß, mit ihnen zusammenzuarbeiten.“

Minimierter Sound
Fröhlich platziert im Saal unterschiedliche Sounds und Effekte sehr genau. Mittels des fix installierten Surround-Systems im Volkstheater wird das gesamte Publikum, bis in die letzte Reihe, mit Ton und Klang erreicht: „Für mich ist es zentral, dass ich im Publikum im Sound drinsitze und dass genau gearbeitet wird, von wo welcher Sound herkommt.“ Das Sounddesign des Stücks ist sehr reduziert, es gibt weniger, aber dafür präzise gearbeitete Motive und Klänge.

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Mittels des Abbaus der Bühnenrequisite während des Stücks finden Techniker:innen ganz neue Sichtbarkeit und zeigen mehr als nur Präsenz auf der Bühne. Bild © Marcel Urlaub 

Abgebaut & neu verkabelt
Die Videoinstallationen der Inszenierung blenden sich subtil in das Bühnenbild ein. Das Bühnenbild des ersten Akts suggeriert einen Innen- und Außenraum, dieser mittels Videos verstärkt wird: „Im Video wird einerseits die fix installierte und verkabelte LED-Wand angespielt.“ So findet sich ein rotierender Asteroid auf der LED-Wand wieder, dass den Außenraum und die Illusion des Außen mitdefiniert. Fröhlich fährt weiter fort: „Hier war es interessant zu erfahren, wann man eine LED als Illusion und wann als Screen erkennt und erkennen soll und warum.“ Zusätzlich hat Elisabeth Weiß zwei Screens in das Bühnenbild eingebaut, diese werden während des Stückes abgebaut, entkabelt und wieder aufgebaut und neu verkabelt. Die Ausgänge sind alle einzeln ansteuerbar und manipulierbar. 

Der Arbeitsprozess
„Meine persönliche Herausforderung war, nicht in Aktionismus zu verfallen und mich durch hundert kreative Impulse verführen zu lassen, sondern mich auf die Arbeit in die Tiefe und Präzision einzelner Ideen einzulassen“, erzählt die Tonkünstlerin. Fröhlich arbeitet mit bis zu fünf Softwares, inklusive etlichen offenen Fenstern verschiedenster Onlineplattformen, immer gleichzeitig an Sound und Video – sie mag die Überstimulation. Bevor das finale Werk, das dann das Bühnenambiente bestimmt, entsteht, geschieht der Arbeitsprozess improvisatorisch und intuitiv im Team. „In dem Moment, wo ich die Soundanlage, die Screens und die LED-Wand zur Verfügung habe, sehe ich die in meinem Kopf entstandenen Ideen, in der voller Wirkung“, fährt Fröhlich weiter fort. Fröhlich bereitet im Vorhinein die Abelton-Session, alle Cues sowie Files vor, und gab diese eine Woche vor Premiere ab.

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"In intensiven Gesprächen mit dem Regieteam um die Regisseurin Claudia Bossard gleichen wir unsere Ideen konstant ab und arbeiten parallel und in enger Zusammenarbeit am Gesamtwerk", sagt Annalena Fröhlich. Bild © Marcel Urlaub 

Mit Herz und Zukunftsblick
Improvisationsgeist, Geduld sowie Motivation wurde dem Team während der Probe für die Inszenierung abverlangt. „Sicher herausfordernd war der Umstand, dass wir das Stück bereits vor zwei Jahren geprobt haben, mitten in Covid-Lockdown-Zeiten“, fährt Fröhlich weiter fort. Was Fröhlich am Stück mag? Vieles, aber besonders den minimalistischen und fein-brachialen Umgang mit dem Bühnenbild: „Der Inhalt und die Anliegen werden nicht hinter theatralen Effekten versteckt, sondern sichtbar gedacht und konstant verhandelt. Und trotzdem ist der Abend sehr verspielt, humorvoll und lässt Assoziationsräume entstehen.“

Das Doppelstück prämierte am 17. Februar 2023 und ist noch bis Ende Mai 2023 im Volkstheater Wien zu sehen.

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