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Marlene Brüggemann, kurz Marle, ist selbstständig in der Live-Tontechnik tätig. Den Abschluss des Philosophiestudiums in der Tasche, entschied sich Marle 2018 als Quereinsteigende für die Tontechnik. Der Beruf macht Spaß, fordert und gibt noch mehr zurück.

Marle steht auf den großen Bühnen des deutschsprachigen Raums und unterstützt Musiker:innen mit gekonnter Tontechnik. Bild © Theresa Pewal

PROSPECT: Wie gestaltet sich Ihr Arbeitsalltag, Marle?
Marlene Brüggemann: Das ist ganz unterschiedlich und abhängig davon, ob ich gerade an einem fixen Veranstaltungsort, auf Tour oder auf einem Festival bin. Hauptsächlich arbeite ich momentan mit Bands, wie Kerosin95 oder My Ugly Clementine. Deshalb geht natürlich viel Zeit mit Anlagen-, Sound- und Monitorchecks drauf, und dann folgt der Live-Auftritt. Früher habe ich mehr im Tanztheater, Performance und Festivalbereich gemacht. Meine Erfahrungen sind aus sehr unterschiedlichen Gebieten und ich habe keinen Nine-to-Five-Alltag – darüber bin ich sehr froh.

Was gefällt Ihnen an der Tontechnik?
Ich habe zahlreiche Glücksmomente in meinem Arbeitsalltag. In meiner Vorstellung gibt es einen gewissen Klang, und wenn das in der Live-Praxis dann so funktioniert, ist es wirklich wahnsinnig schön für mich. Solche Glücksgefühle können mit dem richtigen Equipment ermöglicht werden – die richtige Einmessung, Konfiguration, Verkabelung ist essenziell. Ich liebe es, mich mit unterschiedlichen Geräten auseinanderzusetzen, die den Bedingungen des Raums und Auftritts entsprechen. So bleibe ich auch flexibel und bewahre meine Neugier. All das sind Bedingungen, die gegeben sein müssen, um gut abliefern zu können, und das bedingt die Momente, die ich an meinem Job liebe. Hätte ich diese Aspekte nicht immer wieder, wüsste ich nicht, wieso ich diesen Beruf ausübe.

Was wünschen Sie sich von der veranstaltungstechnischen Branche?
Auf jeden Fall veränderte Arbeitsbedingungen. Viele Kund:innen behandeln uns wie Maschinen, die keine Bedürfnisse haben. Es braucht geregelte Arbeitszeiten, verpflichtende Pausen, faire Bezahlung und mehr Diversität. Viele Künstler:innen wünschen sich diversere Teams hinter sich, das führt auch zu einem veränderten und besseren Arbeitsklima. Menschen mit unterschiedlichen Backgrounds können andere Punkte und Ideen einbringen, so kann noch gemeinschaftlicher auf Bedürfnisse und Herausforderungen eingegangen werden. Was mir auch ein besonderes Anliegen ist, ist die Ausbildung hinter der Tontechnik. Ich persönlich habe die heute nicht mehr existierende „Tone-Art“ in Wien besucht, um die Grundlagen der Planungs- und Elektrotechnik zu erlernen. Die Lehre zur Veranstaltungstechniker:in war mir damals zu breit und das private SAE Institut konnte ich mir nicht leisten. Es ist quasi unmöglich, Tonmeister:in zu werden, wenn der ökonomische Hintergrund nicht stimmt.

Wie meinen Sie das mit der Wichtigkeit des ökonomischen Hintergrunds?
Hast du Geld, kannst du dir eine bessere Ausbildung und besseres Equipment leisten. Ein eigenes Tonstudio baut sich nicht von selbst und muss bezahlt werden. Mit den Gagen, die unsere Branche heute so bekommt, ist das quasi unmöglich, denn wir verdienen nicht das große Geld. Besonders FLINTA*, die knapp 10 % der Tontechniker:innen ausmachen, sind diesbezüglich von Anfang an benachteiligt.

Haben Sie einen Traum, wohin es für Sie zukünftig gehen soll?
Mein Traum ist es, ein kleines Live-Studio aufzubauen. Eine Art Whitecube für Tontechnik, in dem alles ausprobiert und auch geprobt werden kann. Zusätzlich stelle ich mir vor, Workshops zu geben und Menschen mit der Tontechnik vertraut zu machen. In meinem Traum schaffe ich einen Treffpunkt und Ausbildungsplatz, denn das fehlt in der Branche.

Wellenklaenge by Theresa Pewal 86
Die Tontechniker:innen Bernd Neuwirt und Gitti Petri haben Marle von Anfang an unterstützt. Bild © Theresa Pewal 



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