Pandemie-bedingt sind neue und sichere Konzepte notwendig. Nicht nur Pop-Konzerte, sondern auch Kammermusikensembles oder Solo-Rezitale finden nun auf Grünflächen und in Parks statt. Dafür braucht es innovative Lösungen. Denn Aufführungen unter freiem Himmel ohne durch Wände erzeugten Raumklang können für die Musiker*innen sowie für das Publikum eine akustische Herausforderung darstellen. Die Tonmeister Seedorf und Obernhuber haben deshalb ein eigenes System erstellt, das den Raum eines Konzertsaals imitiert.
Über ein Jahr tüfteln sie bereits an der Entwicklung des Systems. Sie beschäftigten sich zuerst mit der Frage, was Raumklang überhaupt ausmacht und wie der Klang je nach Nuancen der Raumdimension und Bühnenbedingungen variiert. Um diese Nuancen vom System imitieren zu lassen, wurden genaue Lautsprecherpositionen zur Wiedergabe des Raumklanges fixiert. Bald war das Konzept geboren: Mit audience eleven können auf Knopfdruck Wände des simulierten Raumes und Instrumente auf der simulierten Bühne anders positioniert werden, um einen besonders natürlichen und glaubwürdigen Raumklang zu erhalten.
Der perfekte Raum
Durch Mikrofone auf der Bühne werden die Signale ins System eingespeist. In der Software selbst wird dann ein Raum samt virtueller Bühne kreiert, auf der die Musiker*innen positioniert werden. „Audience eleven berechnet, welche Raumreflektionen von welcher Seite wann und wie laut in unserem Raum zurückkommen und wie diese Reflektionen klingen“, erklärt Seedorf. Hinter dem System sind eine definierte Anzahl an Lautsprechern angeschlossen, die sich an präzisen Positionen um den Zuschauerbereich befinden und diese Raumreflektionen wiedergeben.
„Man weiß bei einem Kammermusiksaal zum Beispiel nicht, ob der Klang nicht viel schöner wäre, wenn die rechte Wand einen Meter weiter weg oder näher wäre. In audience eleven kann man die Wand dementsprechend so platzieren, wie man es braucht, um einen ausgewogenen und natürlichen Raumklang zu erhalten“, erzählt Seedorf.
Er nennt als Beispiel eine Konzertgitarre, die auf der Bühne häufig zu leise ist. „Ohne Verstärkung erreicht der Klang der Gitarre maximal die ersten drei Reihen, eine einfache Verstärkung birgt oft Schwierigkeiten in der Klangqualität und Lokalisation. Die Frage ist: Wie kriege ich es hin, dass die Gitarre noch immer auf der Bühne zu lokalisieren ist und nicht unnatürlich nach Verstärkung klingt? Und wie bekomme ich den Raumklang hin, damit er möglichst trägt? Das ist speziell bei Open-Air-Veranstaltungen wichtig, bei denen es ja keinen Raumklang gibt.“
Raus aus dem Konzertsaal, rein in die Natur
In Zusammenarbeit mit der freien Musikvermittlerin und Kulturmanagerin Esther Planton sind neue, innovative Konzertformate für den öffentlichen Raum und audience eleven in Planung. Planton setzt mit dem neuen Konzept Akzente, das Konzertgeschehen aus den Konzerthäusern zu holen und dort hinzubringen, wo ein Konzert selten erwartet wird – etwa in der Natur.
(Lea Bacher)
