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PROSPECT sprach mit Jörn Nettingsmeier über Tontechnik und neue Ausbildungsschritte in der Europäischen Union.

Die „European Sound Specialist Education and Curriculum Exchange“ soll einheitliche Standards in der Europäischen Union zur Ausbildung von Berufsspezialist:innen für Tontechnik schaffen. Foto ©: Herbert Starmühler

Unter der Führung des Verbands Deutscher Tonmeister:innen (VDT), welcher auch die Tonmeistertagung ausrichtet, wurde das Programm „ESSENCE“ ins Leben gerufen. Die „European Sound Specialist Education and Curriculum Exchange“ soll einheitliche Standards in der Europäischen Union zur Ausbildung von Berufsspezialist:innen für Tontechnik, kurz Tonspezialist:innen, in der Live-Beschallung schaffen. Jörn Nettingsmeier ist Meister für Veranstaltungstechnik (Bühne/Studio) und Mitglied des Vorstands im Verband Deutscher Tonmeister.

Herr Nettingsmeier, Ende vergangenen Jahres wurde das neue Programm zur Spezialisierungsqualifikation für Live Tontechniker:innen aus der Taufe gehoben. Was ist seither geschehen?
Jörn Nettingsmeier: Die letzten Korrekturen sind in den SQQ7 eingeflossen, die Endfassung ist verabschiedet und auf der Website der Interessensgemeinschaft Veranstaltungswirtschaft veröffentlicht. Im April haben wir den Standard auf der Prolight+Sound in Frankfurt einer breiten Fachöffentlichkeit vorgestellt. Wir freuen uns, bereits zum Start drei Bildungsträger:innen, EurAka Baden-Baden, die SAE Germany und die DEA plus in Hannover, die den SQQ7 Anfang 2023 anbieten möchten, zu haben.

Was ist das Ziel des Programmes und warum wurde es angestrebt und eingereicht? Gab es Probleme mit unterschiedlichen Standards in unterschiedlichen Ländern?
Wir haben in Deutschland eine sehr gut angesehene Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik. Fachkräfte operieren auf Niveau 4 des European Qualification Framework (EQF) und sind Generalist:innen die, die Grundkompetenzen aller Veranstaltungsgewerke besitzen. Was uns fehlt, sind klare Weiterbildungsoptionen. Die nächste formalisierte Stufe auf der Karriereleiter ist bei uns die Meisterin und der Meister für Veranstaltungstechnik, auf EQF Niveau 6, also entsprechend dem akademischen Bachelor. Aber das überspringt eine Stufe, und da ist das Berufsbild ein ganz anderes, es geht mehr um Planung, Teamleitung und vor allem Aspekte der Arbeits- und
Veranstaltungssicherheit. Meister:innen stehen üblicherweise nicht mehr am Pult. Hier kommt der SQQ7 ins Spiel: er holt eine Fachkraft oder einen Menschen mit vergleichbaren Kompetenzen ab und bringt ihn oder sie im Ton auf das Niveau 5 des sogenannten "Berufsspezialisten".
Im Vergleich zu unseren europäischen Nachbar:innen stellt man fest, dass sich die Ausbildungssysteme stark unterscheiden. Deshalb hat der Verband Deutscher Tonmeister:innen e.V. parallel zum SQQ7 ein ERASMUS+-Projekt unter
dem Titel "ESSENCE" mit Partnern aus vier Ländern gestartet, in dem die Weichen für eine gemeinsame Qualifikation eines "European Sound Specialist" gestellt werden sollen. Wir freuen uns besonders, dabei auch die OETHG und ihre Akademie mit im Boot zu haben.

An wen richtet sich die Ausbildung, was haben die Absolvent:innen davon?

Die Ausbildung richtet sich an Menschen mit Vorkenntnissen zu sicherem Arbeiten in der Veranstaltungstechnik, die bereits über einige Jahre praktische Erfahrung mit Beschallungsaufgaben verfügen und sich zur Spezialistin oder zum Spezialisten im Bereich Ton weiterentwickeln möchten.

Ab wann kann man sich bewerben, wo und wie wird die Ausbildung stattfinden?
Erste Kurse sind für Anfang 2023 avisiert. Ansprechpartner:innen sind Frau Luidold bei der EurAka, Herr Krämer bei der SAE und Frau Herz bei der DEA plus. Der SQQ7 ist lizenzkostenfrei, kann von allen Bildungsanbieter:innen implementiert werden, die eine Selbstverpflichtungserklärung zur Qualitätssicherung abgeben.

Wie lange dauert es die Ausbildung?
Die Lehrgänge sind aktuell in Arbeit, mögliche Formate sind eine etwa halbjährige Vollzeit-Ausbildung oder eine entsprechend längere berufsbegleitende Schulung. Der Arbeitsumfang wird in jedem Fall bei rund 400 Zeitstunden liegen.

Kann man davon ausgehen, dass die Ausbildung international anerkannt wird, in ganz Europa?

Aktuell noch nicht, aber daran arbeiten wir.

Wie geht es jetzt weiter, was sind die nächsten Schritte?
Nun schauen wir gespannt auf die praktischen Erfahrungen der Bildungsanbieter:innen mit dem SQQ7-Lehrplan. Wir haben uns vorgenommen, die Arbeitsgruppe weiterlaufen zu lassen, damit wir Rückmeldungen zeitnah in die Weiterentwicklung einfließen lassen können. Und wir hoffen, dass wir 2024 unser ESSENCE-Projekt erfolgreich abschließen und die Ergebnisse im SQQ7 2.0 implementieren können, so dass dann eine europaweite
Anerkennung möglich ist und die Vorteile und best practices der Ausbildungssysteme aller Partner:innenländer einfließen. Man muss das Rad nicht immer neu erfinden, sondern kann voneinander lernen.

Vielen Dank für das Gespräch!

JN 2021
Jörn Nettingsmeier ist Meister für Veranstaltungstechnik (Bühne/Studio) und Mitglied des Vorstands im Verband Deutscher Tonmeister. Foto ©: J. Nettingsmeier 

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