Mit der 3D-Software zacview der Wiener Firma zkoor GmbH ziehen die Volksoper und die Wiener Staatsoper in ein digitales Studio. Dort wird geprobt, getestet und programmiert – so realistisch, dass die eigentliche Bühne für das Wesentliche frei bleibt: für die Kunst.
Ein Theater im Maßstab 1:1 – nur virtuell
Hinter der Idee steckt ein vollständiger digitaler Zwilling der Häuser. Bühne, Bühnenturm, Maschinerie, Licht, Video, sogar der Zuschauerraum. In dieser Simulation können Szenenwechsel, Lichteinstellungen oder Videoprojektionen vorab ausprobiert werden. Züge fahren, Scheinwerfer richten sich, Dekorationen bewegen sich – fast so, als stünde man mitten im Haus.
Volksoper Wien: Pionierin im digitalen Probenraum
Den Anfang machte die Volksoper Wien. Im Zuge des Portalumbaus mussten dort sämtliche Repertoireproduktionen neu eingerichtet und ausgeleuchtet werden. Mit Hilfe von zacview konnten die komplexen Lichtanpassungen effizient vorbereitet werden, ohne den Bühnenbetrieb unnötig zu blockieren. In mehreren Phasen kamen auch Automation und Video hinzu, sodass sich zacview zu einem vollständigen virtuellen Theater entwickelte. Heute arbeitet das Team der Volksoper in einem eigens eingerichteten Vorvisualisierungs- Studio. Auf großen Monitoren entstehen Szenenfolgen, Umbauten und Lichtstimmungen, lange bevor ein Fuß die Bühne betritt. Die Zeit im Saal wird deutlich reduziert – und kann fast ausschließlich für die künstlerische Feinarbeit genutzt werden. „Effizienz darf nicht auf Kosten der Kreativität gehen. Die Digitalisierung zeigt uns, dass beides möglich ist“, sagt Christoph Ladstätter, Kaufmännischer Geschäftsführer der Volksoper Wien.
Wiener Staatsoper: vom Laserscan zur digitalen Präzision
Mit dem Wechsel von Ulfried Grabner von der Volksoper an die Wiener Staatsoper wurden auch dort die Weichen gestellt. Innerhalb von nur drei Monaten entstand ein exakter digitaler Zwilling des Hauses, und ein eigener Raum wurde zu einem 3D-Studio umgestaltet. Dort können die technischen Abteilungen – Bühne, Beleuchtung und Video – gemeinsam mit dem Kreativ-Team jederzeit an neuen Produktionen arbeiten. Regie, Technik und Design können online und in Echtzeit über Kontinente hinweg zusammenarbeiten – Regie in New York, Lichtdesign in Italien, Technik in Wien. Der gesamte Prozess – von der Konzeption und Entwicklung des Bühnenbilds über die technische Einrichtung bis hin zur Vorprogrammierung von Maschinerie und Beleuchtung – wird im virtuellen Studio abgebildet. Bereits bei „Die verkaufte Braut“, der ersten Produktion unter der neuen technischen Direktion, kommt das digitale Theater zum Einsatz.

Die Wiener Staatsoper in 3D: zacview ermöglicht komplexe Bühnenabläufe übersichtlich zu visualisieren und Produktionen effizient zu planen. (© zacview)
Das Hauptziel: Alles, was nicht zwingend im Bühnenraum stattfinden muss, ins 3D-Studio zu verlegen – um so technisch aufwendigere Produktionen zu ermöglichen und gleichzeitig mehr Zeit für die künstlerische Arbeit zu schaffen.
„Im virtuellen Theater können wir Dekorationen testen und Bewegungen vorprogrammieren, bevor auch nur ein Nagel eingeschlagen ist“, erklärt Ulfried Grabner, Technischer Direktor der Wiener Staatsoper. „Das spart nicht nur Kosten, sondern gibt auch künstlerische Sicherheit.“

© zacview
Eine neue Art zu arbeiten
Im virtuellen Studio wird nicht nur simuliert, sondern tatsächlich programmiert. Lichtbilder, Videozuspielungen, Abläufe der Maschinerie – vieles wird fix und fertig vorbereitet, noch bevor die Produktion die reale Bühne betritt. Der erste technische Durchlauf findet statt, ohne den Saal zu blockieren. Komplexe Verwandlungen lassen sich vorab programmieren – auf der echten Bühne fehlt dafür oft die Zeit. Einschulungen zu Maschinerie und Beleuchtung, etwa zur Arbeitssicherheit, erfolgen effizient im virtuellen Raum. Die Crew kann Repertoire-Stücke proben, ohne die Bühne physisch aufzubauen. Ein Highlight: Automatische 360°-Ansichten von jedem Sitzplatz – ideal zur Sichtlinienkontrolle und als Marketing-Tool fürs Ticketing. Und als Extra: Mit VR-Brille lässt sich das Theater frei durchfliegen.
Wiener Technologie auf Weltreise
zacview basiert auf einer Echtzeit-3D-Engine und wächst mit jeder neuen Grafikhardware weiter. Inzwischen nutzen auch das Arts Centre Melbourne, die Royal Swedish Opera oder Theater in Hongkong das System. Selbst Kreuzfahrtschiffe wie die „Arvia“ setzen darauf. Je früher alle Beteiligten mit einem gemeinsamen Bild arbeiten, desto klarer und mutiger können kreative Entscheidungen getroffen werden.
Ein Blick nach vorn
„Die Zukunft der kreativen Arbeit auf der Bühne beginnt im digitalen Raum“, sagt Werner Petricek, Gründer der zkoor GmbH. „Bühnenzeit ist das wertvollste Gut eines Hauses. Wer sie schont, gewinnt am Ende – künstlerisch wie wirtschaftlich.“ Und so entsteht ein neues Kapitel: Die Proben beginnen nicht mehr auf der Bühne, sondern in einer virtuellen Welt – und machen den Moment, wenn sich der Vorhang hebt, nur noch intensiver.
