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Karin Tonsern ist Meisterin der Veranstaltungstechnik und setzt sich dafür ein, dass Events für alle Menschen ein sicherer Ort werden. Dafür braucht es Frauen im Team. 

Das Sisters Festival, das Karin Tonsern organisiert, ist ein Festival von Frauen mit Frauen – und für alle. Foto: Patrick Münnich

Ein dunkler, unbeschilderter Weg zu den Damentoiletten auf einem Festival. Worüber manche Männer vielleicht keinen zweiten Gedanken verschwenden würden, kann für Frauen ein massiver Stressfaktor sein und das Erlebnis einer Veranstaltung beeinträchtigen. Um genau solche Dinge im Blick zu haben und zu vermeiden, braucht es mehr Frauen in Veranstaltungsteams. Karin Tonsern ist Meisterin der Veranstaltungstechnik und hat das Netzwerk Sisters of Music gegründet, um mehr Frauen in Eventteams zu holen und auf Missstände aufmerksam zu machen. Im Juli veranstalten sie das Sisters Festival – eine Veranstaltung von Frauen, mit Frauen – für alle. 

Sie arbeiten als Meisterin der Veranstaltungstechnik. Welche Art von Veranstaltungen machen Sie dabei vor allem? 

Es ist eigentlich in Bezug auf Veranstaltungsgrößen alles dabei – vor allem betreue ich aber Veranstaltungen, die mit Musik zu tun haben. Ich mache Produktionsleitung sowie Tour- und Stagemanagement. Seit letztem Jahr bin ich auch Veranstalterin des Sisters Festivals. 

Was macht für Sie eine angenehme Arbeitsumgebung aus? 

Ich finde, das Wichtigste ist der respektvolle Umgang auf Augenhöhe und dass ein Team divers ist. Diese Diversität kann sich in vielen Facetten spiegeln. Ich merke, dass es zum Beispiel einen großen Unterschied macht, in einem Team mit Frauen zu arbeiten. 

Sie haben 2019 das Netzwerk Sisters of Music gegründet. Was war der Auslöser dafür? 

Ich habe sehr mit meiner Situation gehadert. Ich habe Ende des Jahres reflektiert und bemerkt, dass ich über das Jahr verteilt nur fünf Frauen in der Eventtechnik getroffen habe. Deshalb habe ich sehr mit dem Gefühl gekämpft, allein in der Branche zu sein, nicht ernst genommen und nicht gehört zu werden. Mir war klar: Ich ich brauche Austausch. Also habe ich eine Facebook-Gruppe gegründet mit einer Handvoll Frauen, die alle dieselben Schwierigkeiten hatten. Daraus hat sich das Netzwerk ergeben. 

Ein bedeutender Punkt für euch ist mehr Sichtbarkeit von Frauen in der Branche. Warum ist das wichtig? 

Einerseits sollten Teams auch immer die Besucher:innen repräsentieren und dafür braucht es Frauen. Andererseits planen Frauen anders, gerade weil sie Frauen sind. Sie legen mehr Wert auf bessere Beleuchtung, bessere Beschilderung, eine bessere Toilettensituation und vieles mehr. Wir sind alle Betroffene, die schon mal in einer Situation waren, in der wir uns unwohl gefühlt haben oder lange warten mussten. Meiner Erfahrung nach denken Frauen auch oft für ältere Personen oder Kinder mit. Und damit verändert sich das Event. Es ist schlimm, dass wir darüber noch reden müssen. 

Diesen Sommer veranstalten ihr zum zweiten Mal das Sisters Festival. Was unterscheidet euer Festival von anderen? 

Das Festival ist von Frauen mit Frauen – und für alle. Das Team ist weiblich und auch die Acts sind weiblich. Wir arbeiten diskriminierungsfrei und denken möglichst viele Einschränkungen mit. Es gibt beispielsweise eine Sitz-Area für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, Schwangere oder ältere Personen. Bereits vor der Veranstaltung können sich Personen mit Behinderung melden, wenn sie Bedürfnisse bekannt geben möchten oder Fragen haben. Auf den Toiletten findet man Hygieneprodukte für Frauen und für Männer Aufklärungsmaterial über die Periode. Für einkommensschwache oder einkommenslose Frauen gibt es solidarische Sister Tickets, die gespendet werden. All das soll ermöglichen, dass möglichst alle oder viele Menschen das Event genießen können 

Teil Ihrer Arbeit ist auch, Veranstaltungen mit Augenmerk auf sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt zu evaluieren. Was sind Ihre Erfahrungen? 

Wir stehen am Anfang. Nicht nur auf Veranstaltungen, sondern auch in der Gesellschaft. Wenn ich mit Männern über das Thema spreche, sagen sie mir oft, auf ihren Veranstaltungen würde nichts passieren, sie hätten nie etwas mitbekommen. Und das ist ein schwieriger Startpunkt. Spreche ich mit Frauen im Team, ist das kein Thema mehr. Ich muss nicht überzeugen, dass es passiert, sondern kann gemeinsam überlegen, wie es weniger passiert. Deshalb ist es so wichtig, dass Frauen in der Planung und Umsetzung mitarbeiten. 

Wie sieht das dann aus? 

Man hört immer wieder, dass es auf Veranstaltungen Awareness Teams gibt oder Konzepte mit Codeworten, wo man sich an der Bar melden kann, wenn man Hilfe braucht. Das ist prinzipiell eine gute Sache, aber es hilft wenig, wenn dann z. B. auf der Bühne ein Deutschrapper steht, der in seinen Texten zu Gewalt an Frauen aufruft oder das Festival riesig ist, mit wenigen Personen im Awareness Team. Unser Team schaut sich also den Status quo an, denn wenn man das Gelände nicht so gut kennt, hat man einen anderen Blick darauf, was mögliche Gefahren sein könnten. Es geht ja gar nicht darum, ob wirklich etwas passiert, sondern es muss darum gehen, dass sich Frauen wohl und sicher fühlen können. Veranstaltungen sollen allen Personen Spaß machen. 

-sg

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