oethg logonewsletter hinweis

Die Adam Hall Group ist ein Global Player in der Pro Audio-, Licht- und Eventindustrie. Ein Gespräch mit CEO Alexander Pietschmann über die aktuelle Situation und die Zukunft der Branche.

Alexander Pietschmann, CEO Adam Hall Group. Foto: Adam Hall

Wie sehen Sie die aktuelle Situation in der Veranstaltungsbranche?
Wir haben in Deutschland Lobbyarbeit unter dem Forum Veranstaltungswirtschaft gemacht und darauf hingewirkt, dass wir eine Perspektive bekommen und Kulturevents unterstützt werden. Mittlerweile wissen wir, dass wir in Deutschland 130 Milliarden Euro mit indirekten Umsätzen und 31 Milliarden Euro Kernumsatz in der gesamten Veranstaltungsbranche machen, 1,1 Millionen Erwerbstätige haben und damit der sechstgrößte Wirtschaftszweig sind. Dazu kommen viele abhängige Branchen wie Tourismus und Gastronomie. Wir haben ermittelt, dass 424 Millionen Besucher jährlich an Veranstaltungen teilnehmen. Wenn die komplett fehlen, haben wieder Branchen rundherum ein Problem. Das hat die Politik letztendlich verstanden. Und dann gab es ab August '21 eine Ausfallversicherung, allerdings nur für Kulturevents. Die Veranstaltungshäuser haben auf dem Papier eine ganz gute Auslastung im Jahr 2022, ohne zu wissen, ob das klappt oder nicht – Ticketing ist ein großes Thema.

Wie geht es den Technikdienstleistern?
Technikdienstleister werden überall angefragt, neben den Kulturveranstaltern sind Unternehmen sehr aktiv. Bei Firmenevents fällt die Unsicherheit weg, ob Leute kommen oder nicht. Viele wollen Hybridevents, gleichzeitig streamen und Menschen an einem Standort zusammenbringen. Die Dienstleister haben nicht genug Personal. Für die wirtschaftsbezogenen Veranstaltungen gibt es keinen Ausfallfonds. Das führt zur aktuellen Situation. Wir schieben ein Vakuum vor uns her und das verursacht Unsicherheit. Maßnahmen werden verhängt, um Probleme zu lösen und verursachen wieder neue Probleme. Für unsere Branche ist die Abwanderung von Fachkräften in andere Branchen, wo sie vielleicht bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung finden, eine der größten Herausforderungen der Zukunft. Gehen wir zu den Kreativen, den Musikern, Künstlern und Literaturmenschen: Um von der Kunst leben zu können, brauche ich Auftritte. Um diese Auftritte durchzuführen, brauche ich Fachpersonal. Die Branche hat Zukunft, auch wenn es die Pandemie gibt, weil Menschen gerne zusammenkommen. ‚Die Kultur ist der Schmierstoff der Gesellschaft‘, sagt unser Bundespräsident Steinmeier und das ist keine hohle Phrase, das trägt ganz entscheidend dazu bei, die Gesellschaft zusammenzuführen. Ich sehe Rechts-Links, Arm-Reich, Gegner gegen Befürworter – ganz viele unversöhnliche Lager – die Live Kommunikationsbranche kann helfen, sie wieder zu vereinen – egal, ob mit Musik, Kunst oder Literatur. In der persönlichen Begegnung liegt die Chance des Dialogs und der Innovation. 

Was soll sich in Zukunft ändern?
Dauerhafte Lobbyarbeit gab es früher nicht. Wir haben gemerkt, dass der Austausch mit der Politik Sinn ergibt, um aktiv auf Themen einzuwirken, die unserer Branche und der Kultur weiterhelfen, z. B. mit EU-Fördermitteln. Die Problematik um Freelancer und Scheinselbstständigkeit müssen wir lösen, damit wir zukunftssicher und nachhaltig sind. Nachhaltig heißt nicht nur, Events ökologisch durchzuführen, sondern auch, dass Menschen davon leben können, später eine Rente haben und nicht auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Wenn wir von der Politik eine Entschädigungsklausel bekommen, haben wir, wenn nochmals eine ganze Branche nicht arbeiten kann, zumindest eine Sicherheit. Wir leben in einer globalisierten Welt. Ich weiß nicht, ob das die letzte Pandemie ist, die wir erleben. Das sind für uns die großen Aufgaben.

Welche Produkte der Adam Hall Group waren dieses Jahr gefragt?
Die Sommermonate '21 waren für uns als Firma gut. Produkte für Live-Entertainment sind wieder gefragt, kurz davor waren es solche für den Heimgebrauch. Wir haben als Gruppe das Glück, dass wir auch viele Crossover-Produkte haben – viel Zubehör und Kabel, die Stative und das Zubehör von Gravity liefen gut und auch kleinere Lautsprecheranlagen. Seit dem Sommer setzt ein Nachholeffekt ein. Licht und die größeren Produkte für Liveproduktion sind derzeit wieder gefragt.

Sind, abhängig von den jeweiligen Corona-Maßnahmen, Unterschiede in den verschiedenen Absatzmärkten merkbar?
Der Google Mobility Index, den es für jedes Land der Welt gibt, zeigt, wie aktiv die Menschen sind. Der Wert ist ein guter Stimmungsindikator dafür, wie es der Veranstaltungswirtschaft in dem jeweiligen Land geht. Dort, wo die Menschen wieder mobil sein dürfen, ist mehr Live-Entertainment gefragt.

Auf welche Neuentwicklungen sind Sie besonders stolz?
Die großen Highlights haben wir aufgespart, die gehen in so einer Zeit unter. Unsere Kunden haben andere Sorgen und sind teilweise dafür nicht aufnahmefähig. Wir haben Produkte weiterentwickelt und das Team hat tolle neue Lichtprodukte konzipiert. Allerdings werden die Chip-Krise und die Lieferkettenproblematik einen Materialmangel verursachen und alles wird teurer. Aus Herstellersicht wird uns das ins Jahr 2022 begleiten, bis hoffentlich im zweiten Halbjahr eine Entspannung eintritt. Zukünftig wird das Thema Nachhaltigkeit für die Adam Hall Group einen immer größeren Stellenwert einnehmen. Bis 2030 setzen wir uns das Ziel, den durch uns verursachten CO2-Ausstoß um mehr als die Hälfte zu reduzieren. 

Was ist Ihre Prognose für 2022?
Ich glaube fest an den Wert der Veranstaltungswirtschaft und dass wir noch immer die geilste Branche der Welt sind. Wir müssen junge Menschen dazu bewegen, eine Ausbildung bei uns zu beginnen – bei Adam Hall würde es mich freuen. Wir haben erfasst, dass 140 Verbände und über 100 verschiedene Berufsbilder rund um Events im Einsatz sind: Security, Bühnenbau, Maskenbildner, Lichtdesigner, Tontechniker, Rigger, Eventmanager und noch viele weitere. Diese Zahnräder greifen ineinander. Als Hersteller von Sound und Licht sind wir das Zahnrad, das für Kreative liefert, aber alle Zahnräder müssen ineinandergreifen, damit wir ein Gesamtkunstwerk schaffen können. Das ist meine feste Überzeugung. Dafür stehe ich jeden Tag aufs Neue auf. Wir müssen Lösungen finden – die Kreativität dafür ist vorhanden. Wir haben gemerkt, was wir als Branche weltweit bewegen können. Wir haben coole Jobs und eine gewichtige gesellschaftliche Aufgabe. Wenn es uns gelingt, junge Menschen dafür zu begeistern, in der Veranstaltungsbranche anzufangen, haben wir eine Zukunft.

www.adamhall.com

Wir verwenden Cookies, um unsere Webseite benutzerfreundlicher zu gestalten. Wenn Sie diese Webseite nutzen, akzeptieren Sie die Verwendung von Cookies.