Felix Spieß, 3D-Druck ist längst keine Neuheit mehr. Aber warum wird er gerade jetzt für den Bühnenbau immer interessanter?
Felix Spieß: Unser Unternehmen arbeitet seit über 30 Jahren mit additiven Fertigungstechnologien. Wir waren 1992 der erste Reseller für Stratasys im deutschsprachigen Raum. Heute decken wir eine Vielzahl von Technologien ab – von FDM und PolyJet bis hin zu Laser-Powder-Bed-Fusion oder Mold-Jet-Verfahren.
Gerade im Bühnenbau verändert sich viel. Die Anforderungen an Bühnenbilder, Requisiten oder mechanische Elemente werden komplexer. Gleichzeitig steigen die Erwartungen an schnelle Verfügbarkeit, geringes Gewicht und individuelle Anpassung – und genau da spielt der 3D-Druck seine Stärken aus.
Der 3D-Druck ermöglicht mittlerweile die Produktion von Kostümteilen genauso wie Einzelstücke für die Technik. (Foto: Alphacom)
Welche klassischen Probleme im Bühnenbau lassen sich mit 3D-Druck besonders gut lösen?
Vor allem bei Sonderanfertigungen bietet die additive Fertigung erhebliche Vorteile. Wenn eine Produktion ein einzigartiges Dekorelement, eine spezielle Halterung oder eine ungewöhnliche Requisite benötigt, können wir das passgenau herstellen – ohne teure Werkzeuge oder lange Produktionszeiten. Außerdem spielt das Gewicht eine große Rolle: Viele Theater müssen regelmäßig Bühnenbilder wechseln und große Mengen Material bewegen. Mit leichtgewichtigen 3D-gedruckten Elementen wird das einfacher.
Können Sie Beispiele nennen, wo 3D-Druck im Bühnenbereich bereits erfolgreich eingesetzt wird?
Kleine Requisiten werden häufig im Vollfarbdruck produziert – hier ermöglicht 3D-Druck eine schnelle und detailreiche Fertigung. Architekturdetails wie dekorative Elemente werden oft aus Kunststoff gedruckt und anschließend lackiert, um klassische Materialien zu simulieren. Individuelle Halterungen oder Adapter, die es nicht von der Stange gibt, lassen sich präzise anpassen und schnell fertigen.
Bühnenbilder leben oft von ihrer kreativen Gestaltung. Wie gut funktioniert der Übergang vom künstlerischen Entwurf zur gedruckten Realität?
Genau hier liegt eine der größten Herausforderungen. Viele Bühnenbauer arbeiten noch mit handgezeichneten Skizzen oder 2D-Plänen. Diese müssen erst in 3D-Modelle umgewandelt werden, bevor sie produziert werden können.
Nicht jedes Theater verfügt über die passenden CAD-Ressourcen. Hier sind wir oft unterstützend tätig, um die Lücke zwischen künstlerischer Idee und technischer Umsetzung zu schließen.
Ein Blick in die Druckerräume von Alphacam. (Foto: Alphacom)
Welche Materialien kommen aktuell beim 3D-Druck für Bühnenbilder zum Einsatz? Und wo liegen die Grenzen?
Kunststoff ist der absolute Standard. Leichte, stabile Kunststoffe ermöglichen große, aber dennoch tragbare Konstruktionen. Metall-3D-Druck spielt bislang nur eine geringe Rolle im Bühnenbau – wächst aber stetig.
Die Grenzen liegen oft weniger in der Technologie als in der Planung und Anwendung. Wenn ein Theater beispielsweise kurzfristig eine größere Konstruktion benötigt, ist der 3D-Druck oft nicht schneller als klassische Verfahren. Der größte Vorteil liegt bei komplexen individuellen Geometrien, die mit traditionellen Methoden nur schwer realisierbar wären.
In welchen Bereichen wird der 3D-Druck Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen?
3D-Druck wird zunehmend als Ergänzung zu klassischen Fertigungstechniken genutzt, um maßgeschneiderte Bühnenbilder effizienter zu realisieren. Gleichzeitig ermöglichen neue Materialien eine noch leichtere und stabilere Bauweise, was insbesondere für den Bühnenbau von Vorteil ist. Auch die digitale Fertigung entwickelt sich stetig weiter, sodass immer schnellere und präzisere Prozesse zur Umsetzung komplexer Konstruktionen beitragen. Dennoch arbeiten viele Unternehmen noch mit traditionellen Methoden und nutzen die Möglichkeiten des 3D-Drucks bisher kaum. Mit der nächsten Generation von Fachkräften, die mit additiver Fertigung aufwachsen, wird sich das jedoch zunehmend ändern.
Was raten Sie Veranstaltern, die sich mit 3D-Druck beschäftigen wollen?
Mein wichtigster Rat: Keine Angst vor der Technologie. Der größte Fehler wäre zu denken, dass 3D-Druck nur eine Spielerei ist. Er ist heute industrieller Standard. Man muss nicht sofort komplette Bühnenbilder drucken – aber es lohnt sich, bei speziellen Halterungen, mechanischen Bauteilen oder dekorativen Elementen den 3D-Druck auszuprobieren. Gezielt einsetzen, wo er die größten Vorteile bringt – das ist der Schlüssel. 3D-Druck wird im Bühnenbau nicht alles ersetzen, aber er wird in Zukunft eine entscheidende Ergänzung sein. Wer sich jetzt mit digitaler Fertigung auseinandersetzt, wird in Zukunft enorme Vorteile haben.
Felix Spieß, Geschäftsführer von Alphacam. (Foto: Alphacom)
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