oethg logonewsletter hinweis

Am 26. Januar 2024 fand die deutsch-sprachige Erstaufführung des Stückes „Die Angestellten“ der dänischen Poetin Olga Ravn unter der Regie von Alexander Giesche statt, der für Darbietungen der Gattung „Visual Poem“ auf der Bühne bekannt ist. Innerhalb dieser Produktion wurde zum ersten Mal in der Geschichte des Volkstheaters Lasertechnik angewandt.

Die sieben Schauspieler:innen mit ihren Masken bei der Laserprojektion. Foto: Marcel Urlaub,

Text: Tadeusz Krzeszowiak, Vorstandsmitglied der OETHG Wien

Olga Ravn erzählt von einem Raumschiff im XXII. Jahrhundert. Menschliche und humanoide Angestellte an Bord des Raumschiffes, sieben Schauspielerinnen und Schauspieler, bevölkern die 13,8 m durchmessende Drehbühne des Volkstheaters, auf der eine großflächige LED-Wand (4,5 m × 4,0 m) und eine 2,40 m hohe Treppenkonstruktion mit einem Gelän- der montiert sind. Eine zweite LED-Wand mit 8,0 m × 4,0 m fährt aus dem Schnürboden auf und ab. Die auf einem Roboterarm montierte Livekamera liefert verzerrte Bilder der Agierenden an die LED-Wände, man sieht gedehnte Augen, zerrinnende Gesichter, Arme und Beine – von Video-Artist Luis August Krawen in Szene gesetzt. Diese Bilder, der gesprochene philosophische Text, Geräusche und Musik – und nicht zuletzt das mit Laser erzeugte Lichtmeer im Bühnen- und Zuschauerraum-Bereich sorgen für einen abwechslungsreichen Abend. Zum ersten Mal in der Geschichte des Volkstheaters, das momentan als das innovativste Haus in seiner Gattung in Wien gilt, kommen die Laser-Effekte als ein Teil der Szenografie zum Einsatz. Matthias Singer ist der Mann hinter dem Bühnenbild und dem extravaganten Lichtdesign.

Laser – eine besondere Strahlung (1)

Der Begriff LASER ist ein Akronym – Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation. Den Grundstein für das Basismodell eines Lasers legten vor allem Albert Einstein (1917), Charles Townes und Arthur Schawlow (beide 1958). Der erste Laser, ein Festkörper-Rubin-Puls-Laser, wurde 1960 von Theodore Maiman in Kalifornien gebaut, der erste Bühnenlaser in Europa kam 1970 beim Münchner Festival zum Einsatz.

Mit den spezifischen drei Hauptmerkmalen der Laserstrahlen – Collimation (Parallel- bündelung mit sehr kleiner Divergenz), Monochromatizität (schmale Spektrallinien mit sehr hoher Farbsättigung) sowie räumlicher und zeitlicher Kohärenz (alle Photonen gleicher Wellenlänge schwingen in Phase und sind interferenzfähig) – und der Eigenschaft der enorm hohen Strahldichte lassen sich mittels einer Laserbank mit optischen Elementen wie Linsen, Prismen, Diffraktionsgittern, Spiegeln oder Scannern und im Raum vorhandenen Fluiden wie Dunst, Nebel oder Rauch dreidimensionale, uns aus der Natur nicht bekannte, bewegte Interferenzfiguren mit sehr hoher Farbsättigung erzeugen.

Lasereinsatz im Volkstheater

Bei der Aufführung „Die Angestellten“ sind insgesamt fünf LED-(RGB)Laserprojektoren der Wiener Firma Live Lasersystems (CEO: Phillip Wicke) im Einsatz. Auf der Bühne, in einer Höhe von 2,40 m, sind drei Projekto- ren „Kore Custom“ mit einer Linienoptik und einer Ausgangsleistung von rund 15 W (3 W bei 638 nm, 4 W bei 525 nm und 8 W bei 455 nm) montiert. Zwei weitere Projektoren „Kore 10“ wurden in den vorderen Logen des Publikumsraums in der Höhe von 3,32 m befestigt. Sie sind mit einem Scanningsystem ausgestattet und haben eine Ausgangsleistung von rund 10 W (2 W bei 638 nm, 3 W bei 525 nm und 4 W bei 445 nm). Bei dieser Inszenierung mit einer Dauer von 2:20 Stunden, in der die Drehscheibe neun Umdrehungen macht, kommt es in den letzten 19 Minuten zu den Laserprojektionen und die sieben Schauspieler:innen agieren zu diesem Zeitpunkt mit speziellen Masken und drei Handnebelmaschinen auf der Büh- ne.HinterderletztenSitzreihederTribüneim Publikumsraum werden zwei weitere Nebel- maschinen mit Ventilatoren eingesetzt.Beide Typen der Projektoren „Kore Custom“ und „Kore 10“ sind der Laserklasse 4, bezogen auf die Ausgangsleistung gemäß der EU Norm – 60825-1/2022, zuzuweisen. Jedoch unterschreiten die drei aufweitenden Linsen der Laser „Kore Custom“, die in Richtung Publikumsraum gerichtet sind, dort den MZB- Wert (maximal zulässiger Bestrahlungs-Wert) und liegen in diesem Bereich somit innerhalb der Klasse 1.

„In 20,8 m Entfernung wurde die maximale Leistung von 0,3 mW festgestellt, was unter dem relevanten MZB-Wert der Hornhaut des Auges liegt“, steht u.a. im Gutachten zur Vorlage bei der Behörde der Stadt Wien MA 36 von 23. Jänner 2024. Die Entfernung 20,8 m entspricht der 5. Sitzreihe der Zuschauertribüne und die Höhe der horizontalen Laserebene bei dieser Reihe beträgt 2,5 m. Damit sind die Sicherheitsvoraussetzungen und Nutzungsbedingungen bei der Laserprojektion für das Publikum eingehalten. Das Gutachten besagt weiters: „Der Laserschutzbeauftragte muss während der Projektion anwesend und zur Sicherheitsabschaltung bereit sein. Jene Schauspieler:innen und Mitarbeiter:innen, die sich während der Laserprojektion auf der Bühne aufhalten, müssen vom Laserschutzbeauftragten nachweislich über lasersicheres Verhalten und lasersichere Positionen im Bühnenbereich unterwiesen werden.“ Vor jeder Vorstellung wird die Sicherheitskontrolle der Laseranlagen durchgeführt.

Für das Bühnenpersonal sind auf allen Türen, die zum Bühnenbereich führen, Sicherheitstafeln mit Laserstrahl-Warnung und Text angebracht: „Augenlichtgefährdende Laserstrahlung auf der Bühne! (in der Höhe 2,30 m). Bitte Warndurchsage beachten und anschließend nicht die Bühne betreten.“Die Premiere von „Die Angestellten“ wurde unter dem Technik-Team (Technischer Direktor: Michael Mayerhofer, Assistenz. des Technischen Direktiors: Hannes Leiter, stellvertrenender Beleuchtungsleiter und Laserschutzbeauftragter: Nicholas Langer), die seit Mai 2023 mit den Laser-Vorbereitungen im Einsatz waren, gestaltet. Das Stück bietet nicht nur einen gelungenen Abend, sondern ist auch ein Beispiel dafür, wie man vorbildlich eine neueste LED-Lasertechnologie mit den erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen (2) in einem Theater anwendet.

Der Grundriss der erstmals im Volkstheater eingesetzten Laserprojektion. CAD-Zeichnung: H. Leiter

1) Greisenegger W., Krzeszowiak T. : „Theater Licht Technik“, Brandstätter Verlag , Wien 2008
2) Norm: EN 60825-1/2022: Sicherheit von Lasereinrichtungen, Teil 1, Ausgabe 2022

Wir verwenden Cookies, um unsere Webseite benutzerfreundlicher zu gestalten. Wenn Sie diese Webseite nutzen, akzeptieren Sie die Verwendung von Cookies.