oethg logonewsletter hinweis

Eindrucksvolle Effekte mit einfachen Mitteln und eine Tradition, die immer noch wirkt: Beim „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen werden die Techniker*innen Teil der Szene und der Dom zum Star.

Tod und Jedermann sitzen sich an der langen Tafel, die einen Moment zuvor noch Teil einer erhabenen Bühne war, gegenüber. Foto: SF / Matthias Horn

Für viel mediale Aufregung sorgten die Salzburger Festspiele dieses Jahr zu ihrem 100-jährigen Jubiläum mit ihrer neuen Inszenierung des „Jedermanns“ unter der Regie von Michael Sturminger. Die Tragödie von Hugo von Hofmannsthal wird traditionell seit 1920 am Salzburger Domplatz aufgeführt, der Dom sorgt für die dramatisch passende Kulisse. Was dieses Jahr die Aufmerksamkeit bereits im Vorfeld auf sich zog: Die Neubesetzung der Hauptrollen durch Lars Eidinger (Jedermann) und Verena Altenberger (Buhlschaft) – letztere sorgte für Diskussionen wegen ihrer Kurzhaarfrisur (sic!) –, das umgestaltete Bühnenbild sowie die gender-nonkonformen Kostüme von Renate Martin und Andreas Donhauser. Was bei der Vorstellung dann klar wurde: Alles halb so wild. Und sonst sehr erfrischend.

Mavie Hörbiger steht als Gott auf einem der zwei Holztürme, die die Bühne rechts und links flankieren. Foto: SF / Matthias Horn

Tücher mit Wirkung

Die Klänge der Glocken, die in den zwei die Bühne flankierenden Holztürmen schwingen, läuten das Schauspiel ein, die Bühne wird von an Stangen hängenden Tüchern teilweise verdeckt. Erst nach und nach werden die Hüllen fallen und Live-Band und Podeste sichtbar. Sich windende Körper, mal in Plastik, mal in barocken Kostümen, mal in Tüchern gewandt, winden sich über die Bühne, tanzen, krabbeln, machen „Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ glaubwürdig, dramatisch und manchmal aberwitzig.

Mit ausgeklügeltem und schnell auf- und abbaubarem System wird mitten im Geschehen ein Boxring verschraubt. Foto: SF / Matthias Horn 

Mit der Technik im Fluss

Dann – mit wenigen gekonnten, aber kräftigen Handgriffen – wird hinter und zwischen dem Geschehen auf der Bühne ein Boxring installiert. Die Bühnentechniker*innen werden für einen kurzen Moment ungewollt Teil der Szene, verstärken das Gewusel, stören die Story aber nicht, obwohl sie mitten im Rampenlicht stehen. So schnell wie der aufwändige Boxring aufgebaut wurde, so schnell ist er auch wieder weg. Um einiges dezenter und fast schon unbemerkt versenkt sich im weiteren Verlauf des Stücks das mittlere Podest der Bühne immer wieder in den Boden – aus dem verbleibenden Teil entsteht eine lange Tafel –, ein einfacher, aber umso effektiver Move, weil er fließend mit dem Geschehen passiert.

Der Dom im Hintergrund ist eigentlich Kulisse genug – das Podest auf der Bühne, das je nach Szene in den Untergrund verschwindet, schafft jedoch gut durchdachte Effekte. Foto: SF / Matthias Horn

Eindrucksvolle Dom-Einbindung

Für eindrucksvolle Effekte sorgt zudem die Einbindung des Doms direkt hinter der Bühne. Als plötzlich die Glocken im Kirchturm beginnen zu läuten, geht die Anwesenheit der Figur des Todes dem Publikum unter die Haut. Auch die Lichteffekte in den Fenstern und Toren des Doms tun ihren Dienst. Einzigartig für den „Jedermann“ sind die traditionellen Rufe aus nahegelegenen Fenstern, die zwar nicht sichtbar, aber durchaus hörbar sind, und das Schauspiel zu der Besonderheit machen, wofür das Publikum seit einem Jahrhundert nach Salzburg pilgert.

(sis)

Wir verwenden Cookies, um unsere Webseite benutzerfreundlicher zu gestalten. Wenn Sie diese Webseite nutzen, akzeptieren Sie die Verwendung von Cookies.