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Eine überdimensionale Österreichflagge, ein großer rosa Kristall und Schmetterlingsflügel – klingt skurril? Ist es auch! Die Wiener Schirftsellerin Stefanie Sargnagels veröffentlicht „Heil – eine energetische Reinigung“ mit musikalischer Unterstützung der Indie-Band Buntspecht. Die Inszenierung im Wiener Rabenhof behandelt die esoterischen Seiten von Corona-Demonstrationen.

Foto: © Ingo Pertramer
Foto: © Ingo Pertramer


Seltsam berührt verlässt man das Stück, das als ein musikalischer Festschmaus für die Seele beschrieben werden kann. Typisch für Stefanie Sargnagel. Die Premiere am 6. Oktober im Rabenhof war ein voller Erfolg. Rekapitulierend wirkt der Beginn des Stückes fast sanft, als die Schauspieler:innen beginnen ein Heilseminar zu besuchen. Langsam schaukelt sich das Stück auf, bis die vier Akteur:innen, gespielt von Tanja Raunig, Bettina Schwarz, Bernhard Dechant sowie Alexander Strobele und unterstützt von den Buntspecht-Mitgliedern, die ihr Schauspieldebut feierten, auf einer Corona-Demonstration laden. Das Stück behandelt die Frage, wie es so weit kommt, ohne darauf zu vergessen, die Rollen menschlich und nahbar zu gestalten. Fast hat man Mitleid mit Franz, mit dem seine Kinder den Kontakt abgebrochen haben, weil er Coronaleugner ist. Er erzählt, dass seine Frau kürzlich verstorben ist. Dieser Moment hält allerdings nur bis er seine faschistischen Verschwörungstheorien verbreitet und einiges an Nazigedankengut reproduziert. Das Stück lässt mit einer altbekannten Frage zurück – wie viel darf Kunst?

Foto: © Ingo Pertramer

Ein Konzert im Theater

Besonders hervorzuheben ist die grandiose Wahl der musikalischen Unterstützung mit der Band Buntspecht. Die junge österreichische Band schafft es die Stimmung in den richtigen Moment zu leiten und mit jedem Paukenschlag des Schlagzeugers Florian Röthel scheint sich die Dramaturgie aufzuladen. Abgerundet wird das emotional aufgeladene Stück mit einem Bühnenbild von Dominique Wiesbauer. Ihr gelingt es mit den Requisiten das Publikum in das Heilseminar sowie die anschließende Demonstration zu versetzen.

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PROSPECT spricht mit der Bühnenbildnerin Dominique Wiesbauer über die Bühnentechnik, Requisiten und Besonderheiten.

Wie war der Entstehungsprozess der Bühne?
Zunächst haben wir uns in die Thematik eingelesen, recherchiert, Dokumentationen angesehen. Und natürlich den Text gelesen. Zusammen mit der Regisseurin Christina Tscharyiski und der Kostümbildnerin Miriam Draxl haben ich verschiedene räumliche Übersetzungen und Lesearten diskutiert. Jede Bühnenbildnerin hat da ihre eigene Art Stücke zu erarbeiten. In meinem Fall beginne ich zu zeichnen und Fotocollagen zu erstellen, um mit meinem Team zu kommunizieren. Da im Text eine Seminarsituation sehr konkret beschrieben wird, war uns relativ schnell klar, dass wir diese Situation nicht 1 zu 1 mit der Bühne übersetzen wollten, sondern eher eine abstraktere Bildsprache finden, die diesen Ort des Seminars nur in Requisiten oder Möbeln widerspiegelt.

Wie haben Sie die verschiedenen Requisiten, wie den großen Kristall gefunden?
Jedes Detail auf der Bühne, ob groß oder klein, ist eine Entscheidung und muss inhaltlich und technisch geprüft und geplant werden. Der große Kristall zum Beispiel ist ein Element, das den gesamten Raum verändert, auch wenn er nicht so groß ist. Natürlich habe ich in dem Stück stark mit Symbolik gearbeitet, und in der Welt der Esoterik gibt es in dieser Hinsicht wirklich einen großen Fundus, aus dem man schöpfen kann. Durch die glasartige Materialität und das eingebaute Licht verleiht es dem Bühnenraum eine gewisse Mystik.

Wofür stehen die Requisiten?
Requisiten sind ein wichtiger Faktor um ein Spielmoment zu schärfen oder vor zu geben. Zugleich helfen sie, eine Figur auf der Bühne besser zu zeichnen. Bei den Requisiten denkt man zum Beispiel, wie beim Kostümdesign, genau darüber nach, welche persönlichen Gegenstände eine Figur hat und was sie über sie aussagen. Das ist immer ein wichtiger Aspekt, auch wenn es banal erscheinen mag, eine Requisite ist immer anschaulich.

Welche bühnentechnischen Besonderheiten gibt es im Stück „Heil“?
Die größte Herausforderung in technischer Hinsicht war der Umgang mit der vorhandenen Fläche. Da wir permanent eine fünfköpfige Band und vier Schauspieler:innen auf der Bühne haben, musste relativ weit in die Tiefe der Bühne planen. Gleichzeitig wollten wir unbedingt eine Videoebene über Rückprojektion einsetzten. Da man aber auch die Rückprojektionsfolie nur an manchen Stellen hängen konnte war die Planung ein Spagat zwischen künstlerischer Gestaltung und maximaler Raumausnutzung.

Welche Technik wurde für Licht und Ton verwendet?
Generell verfügt das Rabenhoftheater aber über eine sehr hochwertige Ausstattung und eine große Anzahl von Scheinwerfern, darunter viele Moving-Heads. Im Bereich Ton war die Herausforderung die Arbeit mit der Live-Band.

HEIL 7 Rabenhof Pertramer

Wurde eine Nebelmaschine verwendet?
Ja, wir haben 2 Hazer für atmosphärischen Nebel verwendet, der die gesamte Szene einhüllt.
In einer Szene wird eine CO2-Nebelmaschine verwendet. Diese kann wie der Hazer mit normalem Fluid betrieben werden, lässt sich aber auch stufenweise so steuern, dass Co2 beigemischt wird und der Nebel je nach Co2-Anteil immer mehr wie Bodennebel wird.

Was ist Ihr persönliches Highlight am Bühnenbild?
Tatsächlich bin ich sehr begeistert von der Metallfarbe die wir verwendet haben. Es war eine große Herausforderung sie regelmäßig aufzutragen, da es räumlich keine Möglichkeit gab die Farbe zu Spritzen. Allerdings ist die Wirkung auf der Bühne und die Lichtbrechung den Aufwand wirklich wert gewesen.

Was ist Ihr persönliches Highlight am Stück?
Da es sich mit Entwicklungen in unserer Gesellschaft befasst, die uns alle wirklich tiefgreifend betreffen finde ich die Entscheidung sehr wichtig, das Publikum mit ein zu beziehen. Das Auflösen der vierten Wand in der Inszinierung macht den Abend zu etwas Besonderem. Außerdem mag ich die Musik von Buntspecht, die auch als Kontrapunkt wirkt und dem ganzen Stück eine andere Färbung gibt.

Weitere Termine: 21. Oktober 2022 / 31. Oktober 2022 / 1. November 2022 / 15. Dezember 2022 / 16. Dezember 2022 / 20. Dezember 2022 / 21. Dezember 2022

Beginn: 20:00 Uhr

Von: Stefanie Sargnagel
Mit: Tanja Raunig, Bettina Schwarz, Bernhard Dechant, Alexander Strobele
Live-Musik: Buntspecht
Bühnenfassung: Christina Tscharyiski und Fabian Pfleger
Regie: Christina Tscharyiski
Bühnenbild: Dominique Wiesbauer
Kostüme: Miriam Draxl

 Mehr Informationen zu Theater und dem Programm gibt es hier

(ip)

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