Dass trotz Lockdown Kunst und Kultur nicht zu kurz kommen müssen, zeigt das Augsburger Staatstheater. Schon vor Corona wurde mit technologisch innovativen Lösungen experimentiert und für all jene, die nicht vor Ort sein können, ein Theaterbesuch für zu Hause simuliert. Eigens dafür produzierte Inszenierungen können mithilfe einer Virtual-Reality-Brille angesehen werden und erzeugen einen einzigartigen illusorischen Effekt. „Mit dem Aufbau eines VR-Repertoires wollen wir das digitale Theater auf eine neue Ebene heben“, erklärt Staatsintendant André Bücker, der die Regie des Stücks „14 Vorhänge“ leitete. Die Uraufführung fand im Februar digital statt.
Einzigartiges Theatererlebnis
Die künstlerisch anspruchsvollen und ausgereiften Inszenierungen wurden an die Erfordernisse der 360°-Perspektive angepasst. Das bedeutet, als Zuseher oder Zuseherin das Gefühl zu haben, direkt auf der Bühne mit den Schauspielerinnen und Schauspielern zu stehen und das Stück hautnah mitzuerleben. Dreht man sich nach links oder rechts, geht das Bild weiter und überrascht mit neuen Szenarien. Auch Ballett-Aufführungen können mit der VR-Brille angesehen werden. Auf der Homepage des Staatstheaters können Tickets des „VR-Theater-Lieferservice“ gebucht werden: Inklusive Lieferung der desinfizierten und gereinigten VR-Brille kostet ein Ticket 9,90 Euro. Besitzt man eine eigene VR-Brille, kann man auch nur das Theaterstück „bestellen“. Dem bundesweiten Publikum wird somit eine Theateraufführung trotz Corona-Beschränkungen ermöglicht – und dies, ohne die eigenen vier Wände verlassen und sich einem Risiko aussetzen zu müssen.
Für Schulklassen können die VR-Brillen zum ermäßigten Preis bestellt werden. Seit Jänner wurde das Angebot für Schulklassen ausgebaut. In Online-Workshops begleiten Theaterpädagogen die Schulklassen durch das virtuelle Theatererlebnis. „Judas – ein Monolog von Lot Vekemans“ und „Event – ein Monolog von John Clancy“ werden derzeit als VR-Inszenierungen angeboten. Ebenso können das Ballett „Boléro“ oder die Tanzaufführung „shifting_perspective“ gebucht werden.
Auch Grazer Schauspielhaus experimentiert
Das Schauspielhaus Graz ist das erste österreichische Theater, das ein ähnliches Experiment wagt. Das Stück „Krasnojarsk“ des norwegischen Dramatikers Johan Harstad eignet sich optimal für eine Inszenierung mit VR-Brille. Im Stück geht es um eine globale Katastrophe, die die ganze Erde erschüttert. Die wenigen Überlebenden flüchten in die sibirische Stadt Krasnojarsk und versuchen, eine neue Zivilisation aufzubauen. Das Theaterfilmteam arbeitete mit Projektionen und suggestiven Überblendungen, die den Eindruck erwecken, die Schauspieler Schulter an Schulter in der sibirischen Einöde zu begleiten. Drehort der Inszenierung ist der Neusiedler See.