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Das Theater an der Wien erscheint nach der Generalsanierung in neuem Glanz. Geschäftsführer Franz Patay und technischer Direktor Andreas Wallek erklären, wie man Denkmalschutz und ein technisches Upgrade unter einen Hut bringt.

Blick von der Bühne in den Zuschauerraum – modernisierte Bühnenmaschinerie trifft auf denkmalgeschützte Architektur. (© Andreas J. Hirsch)

Herr Patay, warum war die Generalsanierung des Theaters an der Wien unumgänglich?
Franz Patay: Das Haus wurde 1801 eröffnet – und es war gar nicht für die Ewigkeit gedacht. Die letzte große Sanierung fand Anfang der 1960er-Jahre statt. Wenn man bedenkt, dass man in der Bauwirtschaft alle 25 Jahre sanieren sollte, war das Theater an der Wien längst überfällig. Brandschutz, Sicherheit, Haustechnik – alles war veraltet. Dazu kamen Schäden wie ein gebrochenes Fundament im Orchestergraben oder korrodierte Leitungen. Ursprünglich gingen wir von kleinen Arbeiten aus, bis sich zeigte, dass die Sanierung weitaus umfassender sein musste.

Herr Wallek, Sie sind für die Technik des Hauses zuständig. Was sind die wichtigsten Neuerungen?
Andreas Wallek: Der Schnürboden ist komplett neu und computergesteuert. Wir können die Züge von oben, aber auch direkt vom Bühnenboden ausfahren. Die Regisseure können danebenstehen und sofort sehen, wie eine Verwandlung wirkt. Auch der Bühnenboden wurde komplett ausgetauscht, die Untermaschinerie mit Tischversenkungen und Hubböden modernisiert. Alles läuft jetzt digital, mit automatischen Stopp-Systemen. Das gibt Künstler:innen ein größeres Sicherheitsgefühl – gerade, wenn sie im Flugwerk hängen und dabei singen müssen.

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(© Andreas J. Hirsch)

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Der denkmalgeschützte Zuschauerraum blieb erhalten, während Schnürboden, Bühnenboden und Untermaschinerie modernisiert wurden. (© Andreas J. Hirsch)

Herr Patay, welchen Einfluss hat die Sanierung auf den Alltag der Mitarbeiter:innen?
Franz Patay: Früher waren Abteilungen wie Licht oder Ton im ganzen Haus verteilt. Jetzt sitzen die Kolleg:innen, die zusammenarbeiten, auch räumlich zusammen und näher bei der Bühne. Das erleichtert die Kommunikation und macht die Abläufe effizienter. Gleichzeitig wurden Foyers erweitert: Aus ehemaligen Büros im ersten Stock ist eine große Pausenfläche mit Terrasse in Richtung Naschmarkt geworden. Dazu kommen mehr WCs und ein Lift, sodass nun alle Ebenen barrierefrei erreichbar sind.

Inwiefern ändert das technische Abläufe?
Andreas Wallek: Es macht die Arbeit viel zeitgemäßer. Früher war vieles improvisiert, jetzt haben wir eine moderne Steuerung, klare Sichtlinien und sichere Arbeitsgalerien. Jede Bewegung ist präzise wiederholbar. Das erleichtert nicht nur uns den Alltag, sondern auch den Künstler:innen, weil sie wissen: Die Technik ist zuverlässig.

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Neue digitale Steuerungen, moderne Lichtpulte und LED-Scheinwerfer erleichtern den Alltag der Bühnentechnik. (© Andreas J. Hirsch)

Die Herausforderung lautete: Das Haus modernisieren, aber den Denkmalschutz einhalten – wie ließ sich das verbinden?
Franz Patay: Denkmalgeschützt sind der Zuschauerraum, das Papagenotor und das Foyer aus den 1960er-Jahren mit seinen Mosaiken. In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt fanden wir eine gute Lösung, bei der das Publikumserlebnis verbessert wurde und der 60er-Jahre-Stil erhalten blieb.

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Das Foyer aus den 1960er-Jahren mit seinen Mosaiken wurde auf Wunsch des Denkmalamts bewahrt und zugleich modernisiert. (© Andreas J. Hirsch)

Gab es Überraschungen während der Bauarbeiten?
Franz Patay: Wir haben im Vorfeld viele Bohrungen durchgeführt, um das Fundament zu prüfen. Trotzdem gab es Überraschungen. Etwa eine tragende Säule, die auf einem Holzblock stand – das hatte niemand erwartet. Das Gebäude musste mit einem Stahlgerüst unterfangen werden. In vielen Fällen waren die alten Pläne und Dokumentationen sehr dürftig oder gar nicht vorhanden.

Herr Wallek, wie haben Sie den Spagat zwischen Betrieb und Baustelle erlebt?
Herr Wallek: Ich kenne viele alte Theaterhäuser, aber so eine umfassende Modernisierung im engen Bestand ist immer eine Herausforderung. Man kann nicht beliebig viele Firmen gleichzeitig arbeiten lassen. Jeder Schritt baut auf dem vorherigen auf – erst Kabel, dann Böden, dann Verkleidungen. Das hat uns als Team gefordert, aber auch stark zusammengeschweißt.

Welche Verbesserungen spürt das Publikum heute am deutlichsten?
Franz Patay: Die Klimatisierung. Früher saßen die Zuseher:innen im Parkett im Mantel, während es im zweiten Rang wie in einer Sauna war. Heute haben wir Frischluftzufuhr auf allen Ebenen. Zudem wurden die Sessel restauriert und der Teppich durch Parkett ersetzt– das verbessert die Akustik.

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Restaurierte Balustraden im Zuschauerraum, die Beschallungstechnik wurde nahezu unsichtbar integriert. (© Andreas J. Hirsch)

Welches Feedback bekommen Sie vom Publikum und den Künstler:innen?
Franz Patay: Vom Publikum gibt es nur positive Rückmeldungen. Der neue Bereich im ersten Stock – wir nennen ihn „Himmel“ – mit Blick auf den Naschmarkt ist eine große Verbesserung. Auch die barrierefreie Erschließung und die Klimatisierung werden sehr geschätzt. Für die Künstler:innen bedeutet die Automatisierung vieler Züge eine deutliche Erleichterung. Und für die Mitarbeiter:innen ist es angenehm, dass die Arbeitsräume jetzt klimatisiert sind.

Welche Bedeutung hat die neue Technik denn für die Ausbildung von Nachwuchskräften?
Herr Wallek: Heute gibt es kaum noch Produktionen ohne Video, ohne digitale Steuerungen. Für junge Veranstaltungstechniker:innen ist es wichtig, genau das im Alltag kennenzulernen. Früher konnten wir das nur eingeschränkt bieten, jetzt sind wir auf dem aktuellen Stand. Wer hier arbeitet, kann mit moderner Technik umgehen – das ist auch für die Ausbildung ein großer Vorteil.

Zum Abschluss: Ist die gelungene Sanierung vor allem eine Teamleistung?
Franz Patay: Wir sind im Zeit- und Budgetrahmen geblieben, trotz aller Widrigkeiten. Das ist absolut eine Teamleistung – von den Firmen, den Planer:innen und den Mitarbeiter:innen der Vereinigten Bühnen Wien.

Herr Wallek: Am 12. Oktober 2024 feierte das Theater an der Wien die Wiedereröffnung. Wie lautet ein Jahr später Ihr Fazit?
Herr Wallek: Für uns Techniker:innen ist es ein komplett neues Arbeiten. Schneller, sicherer, flexibler – auf einem Stand, der Produktionen von heute ganz entspricht. Wir hatten enge Zeitpläne, viele Arbeiten konnten nur nacheinander stattfinden. Das hat uns gezwungen, als Crew noch enger zusammenzurücken. Durch Nacht- und Wochenendeinsätze wurde das manchmal anstrengend, aber es hat uns auch zusammengeschweißt. Heute haben wir nicht nur ein modernes Theater, sondern auch ein Team, das stärker geworden ist.

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