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Regen, Sturm und Windböen: Der Sommer 2025 hat die Festivalsaison in Österreich gehörig auf die Probe gestellt. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, wie unterschiedlich die Bühnen auf das unberechenbare Wetter reagieren.

Zwar verregnete es einige Abende in Mörbisch, aber die Bühnenelemente blieben von anderen Wetterumschwüngen verschont. (© Kurt Pinter)

Der Sommer 2025 war nass. Sehr nass. Vom Kultursommer in Wien über das Frequency Festival bis zu den Seefestspielen Mörbisch – fast kein Festival in Österreich kam heuer ohne Gummistiefel, Regenponchos und matschige Wege aus. Was für Besucher:innen zu einem unvergesslichen Erlebnis wird, ist für Veranstalter:innen eine logistische Herausforderung: Bühnen, Technik, Kostüme, Sicherheit und Programm müssen auch dann funktionieren, wenn der Himmel tagelang seine Schleusen öffnet. Wie Festivals mit diesen Wetterextremen umgehen und welche Strategien sie entwickelt haben, zeigt ein Blick hinter die Kulissen der größten Open-Air-Bühnen des Landes.

Wettermanagement in Mörbisch

Bei den Seefestspielen in Mörbisch kam im Sommer 2025 vom 10. Juli bis 16. August mit Saturday Night Fever jede Menge Disco auf die Bühne. Während im Vorjahr nur die Dernière verregnet war, betraf es diesmal mehrere Vorstellungen. Üblicherweise sind es pro Saison zwischen null und drei Vorstellungen, die abgesagt oder abgebrochen werden müssen. Diese Entscheidung wird bei einer Regenmenge von mindestens 3 mm und/oder einer Windstärke von mindestens 60 km/h gefällt. Da Sicherheit der Zuseher:innen dabei an oberster Stelle steht, muss das Wetter die gesamte Zeit über beobachtet werden. Die gesamte Saison über prüft das Team bei jeder Aufführung die Vorhersagen und aktuelle Situation mit dem UBIMET Wettercockpit, animierten Prognose-Karten und Echtzeit-Daten sowie Unwetterwarnungen per SMS und E-Mail. Eine eigene Wetterstation liefert hochaktuelle Bilder und bei kritischer Wetterprognose ist ein Meteorolog:in vor Ort und in ständigem Kontakt mit der Festspielleitung.

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© Kurt Pinter

Technik zwischen Regen und UV-Strahlung

Prinzipiell wird auch bei Regen gespielt, weswegen alle Gewerke darauf vorbereitet sein müssen. Es werden regenfeste bzw. „outdoortaugliche“ Lautsprechersysteme verwendet. Die Gehäuse und Membrane der Lautsprecher sind herstellerseitig für Open-Air-Veranstaltungen mit entsprechenden Schutzlackierungen und -imprägnierungen versehen, die den Betrieb auch bei Regen ermöglichen. Ein großes Problem stellt zusätzlich die Sonne, genauer gesagt die UV-Strahlung, dar, die den Lautsprechern am meisten zusetzt. Aus diesem Grund müssen diese regelmäßig im Abstand von ein paar Jahren erneuert werden. Zum Einsatz kommen Lautsprecher der Marken L-acoustics, Adamson, Kling & Freitag und EV. 

Kostüme, Perücken und Mikrofone 

Bei allen Gewerken werden die Wetterbedingungen mitbedacht. Die Perücken werden bereits in der Wunschfarbe angefertigt oder dauerhaft eingefärbt. Alles andere wie Farbspray oder -gel wäre für ein Open-Air-Festival zu riskant. Für die Kostüme werden ausschließlich wetterfeste Materialien verarbeitet oder Imprägnierungen vorgenommen, denn die Stoffe dürfen bei Nässe nicht kaputt gehen. Auch Hüte und Kopfbedeckungen dürfen nicht zu filigran verarbeitet sein und müssen etwa mit Bleibändern verstärkt werden, damit sie dem Wind standhalten. 

Das Schuhwerk ist speziell verarbeitet und besohlt, um rutsch- und wetterfest zu sein. Im Anschluss müssen die Kostüme getrocknet und die Perücken neu gestylt werden. Die Mikrofone, die bei den Solist:innen und ebenfalls bei jeder Witterung verwendet werden, sind ausschließlich Produkte der Firma DPA. Diese werden einerseits bei Regen und andererseits durch Schweiß der Darsteller:innen fast bei jeder Vorstellung nass, weshalb jede:r Darsteller:in zwei Mikrofone hat.

Kultursommer Wien: Flexibilität zählt

Su. Pitzek ist Leiterin der Abteilung Produktion und Technik des Kultursommers Wien, der seit sechs Jahren im Sommer in den Parks und auf öffentlichen Plätzen der Stadt veranstaltet wird. Vom 26. Juni bis 10. August 2025 präsentierten Künstler:innen aus Kabarett, Literatur, Musik, Performance, Tanz, Theater und zeitgenössischem Zirkus dem Publikum ihre Fähigkeiten. Der Eintritt ist für die Zuseher:innen kostenlos.

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Auch der Kultursommer in Wien wappnet sich mittlerweile für extreme Wetterlagen wie Hitzewellen, Dauerregen oder Windstärken bis zu 70 km/h. (© Kultursommer Wien/Judith Stehlik)

„Wir verkaufen keine Tickets. Wenn es regnet, spielen wir, solange sich die Künstler:innen wohlfühlen. Auch wenn sich nur wenige Zuschauer:innen zur Bühne trauen“, so Pitzek. Durch die neun Bühnen an unterschiedlichen Standorten ist eine gute Koordination wichtig. Beobachtet wird das Wetter über UBIMET, Bergfex oder Windy. „In den vergangenen Jahren hat die Wettervorhersage nicht besonders gut funktioniert. Wir mussten oft sehr schnell reagieren. Mein Lieblingsbeispiel ist, dass der Wetterbericht in meinem Handy klar sagte, es würde nicht regnen – und in diesem Moment fielen die Regentropfen. In den Himmel schauen hilft einfach immer am meisten“, erinnert sich die Abteilungsleiterin. Die Spielstättenleiter:innen jeder Bühne sind jene, die diese Entscheidung in Koordination mit der Leitung und den Künstler:innen treffen. Da es neun Bühnen in Außenbezirken Wiens gibt, kann das Team oft von der Entwicklung des Wettergeschehens bei einer Bühne auf andere schließen und uns so schon rechtzeitig darauf vorbereiten.

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Prater Picknick (© Kultursommer Wien/Judith Stehlik)

Sicherheit geht vor

Geräumt wird der Veranstaltungsbereich bei einem Sturm über 70 km/h oder sobald es blitzt. Von den 500 Acts und Nebenveranstaltungen in diesem Sommer mussten nur sieben abgesagt werden – ein Glücksfall. Die Künstler:innen werden in jedem Fall bezahlt, auch wenn aufgrund der Witterung abgesagt würde, doch alle wollten spielen –sogar bei Regen. Pitzek: „Wir sehen, dass es ihnen um mehr geht als ums Geld. Sie wollen zeigen, was sie können, wollen die Menschen erfreuen und lieben, was sie tun.“ Doch das Team sieht klar, dass die Wetterbedingungen stetig schwieriger werden: „Das viele Regenwetter hat in diesem Jahr alle gefordert – auch unser Material leidet darunter. Man spürt deutlich, dass das Wetter extremer geworden ist: stärkerer Wind, heftigerer Regen. Für unser Publikum halten wir Regenponchos bereit.“ Doch nicht nur das nasse Wetter macht Pitzek Sorgen: „Die noch viel größere Herausforderung im öffentlichen Raum werden aber in Zukunft die Sonne, die Hitze und die Trockenheit sein. Wir arbeiten auch intensiv daran, Lösungen zu finden, wie wir den Zuschauerraum kühler gestalten könnten.“

Alles in allem war die Festivalsaison für alle Veranstalter:innen ein Erfolg. Regen, Sturm und Hitze verlangen technische Anpassungen, zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen und viel Flexibilität im Ablauf. Auch wenn 2025 dank guter Vorbereitung nur wenige Vorstellungen abgesagt werden mussten, zeigt sich deutlich: Die Festivalsaison wird immer stärker vom Klima bestimmt. Für die Zukunft heißt das, noch engmaschiger mit Meteorolog:innen zusammenzuarbeiten und in wetterfeste Infrastruktur zu investieren, damit das Publikum auch in stürmischen Sommern Kultur und Musik erleben kann.

-sg

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