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Marie Rötzer, die Künstlerische Leiterin des Landestheaters Niederösterreich, präsentierte die bevorstehenden Premieren.

„Das Weinen“ mit der aseptischen Apotheke, „in der es Heilmittel für Blase, Magen, Herz, Auge, Darm und sogar für die Nerven gibt. Foto: Gina Folly

DIE PREMIEREN 2023/2024

Eröffnet wird die Spielzeit am Landetheater Niederösterreich am Freitag, dem 15. September 2023 im Großen Haus mit der Premiere von Molières „Der Menschenfeind“ in einer Inszenierung von Dominic Oley. Wie viel Ehrlichkeit und Moral kann man sich in der Politik und in der Kunst leisten? Wird man mit zu viel Prinzipienreiterei in der Liebe zum ewigen Single? Mit lustvoller Sprache und raffinierten Rededuellen entwickelt sich eine entlarvende Komödie über die philosophisch zeitlose Frage: Wieviel Wahrheit verträgt der Mensch? Der Regisseur und Schauspieler Dominic Oley ist ausgewiesener Experte für absurd- komödiantische Handlungen und Verhaltensweisen der menschlichen Spezies. Nach „Der große Diktator“ im Theater in der Josefstadt und „Der nackte Wahnsinn“ am Stadttheater Klagenfurt inszeniert er den „Menschenfeind“ mit viel Slapstick und Gespür für die poetisch-klarsichtige Sprache Molières.

Ödön von Horváths „Kasimir und Karoline“ ist angesiedelt in der von Armut und Wirtschaftskrise geprägten Zeit der untergehenden Weimarer Republik. Das Oktoberfest wird für seine Besucher*innen aus verschiedensten sozialen Klassen zum Tanz auf dem Vulkan. Aber in der Liebe gelten klare Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse, und so kann auf die Hoffnung nach gesellschaftlichem Aufstieg mit dem richtigen Partner schnell ein kolossaler Absturz folgen. Der Regisseur Moritz Franz Beichl, der in Hamburg, Göttingen und Wien arbeitet, inszeniert Horváths Klassiker als melancholisch-poetisches Sittenbild über zwei, deren Umstände sie immer weiter vom gemeinsamen Glück entfernen. „Kasimir und Karoline“ ist eine Koproduktion mit dem Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg. Die Premiere findet am Samstag, dem 30. September 2023 im Großen Haus statt.

Der Roman „Die größere Hoffnung“, der 1948 als Wiedergeburt der österreichischen Literatur gefeiert wurde und bis heute als Jahrhundertwerk gilt, gelangt am Freitag, dem 1. Dezember 2023 im Großen Haus Premiere zur Uraufführung. Drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erscheint der einzige Roman der Wiener Schriftstellerin Ilse Aichinger, der aufgrund seiner neuen literarischen Form, den Nationalsozialismus aufzuarbeiten, große Aufmerksamkeit erregt. Es ist die autofiktionale Geschichte ihrer Jugend in Wien, während Aichingers Zwillingsschwester nach England emigrieren konnte. Mit der Kraft ihrer poetischen Sprache erzählt sie aus der Perspektive einer Jugendlichen, die klarsichtig und unerschütterlich an die Menschlichkeit glaubt. Je bedrohlicher die Situation für Ellen wird, umso hoffnungsvoller sind ihre Visionen von einem besseren Leben ... Regisseurin Sara Ostertag, die sich mit ihren bildstarken Inszenierungen im In- und Ausland einen Namen machte und am Landestheater u. a. für die Romane „Dunkelblum“ und „Der Zauberberg“ eine sinnlich-musikalische Bühnenübersetzung fand, wird „Die größere Hoffnung“ als Uraufführung mit Musik von Mira Lu Kovacs auf die Bühne bringen.

Mit „Der Prozess“ hat Franz Kafka ein geheimnisvolles Vermächtnis geschaffen – Einen Roman, der Unsicherheit zum Prinzip hat und dabei maßgeblich an der Prägung des Begriffs „kafkaesk“ beteiligt war. Über das knappe Jahrhundert seines Bestehens sind verschiedenste Weltsichten und Bedrohungsszenarien in den Roman hineingedeutet worden. Für das Landestheater Niederösterreich wird der junge Regisseur Jonathan Heidorn, der zuletzt das Epos „Parzival“ in der Bühne im Hof inszeniert hat, seine Version dieses großen und vielschichtigen Romans auf die Bühne bringen. „Der Prozess“ feiert am Samstag, dem 20. Jänner 2024, in der Theaterwerkstatt Premiere.

Große Literatur geht mit „Orpheus oder Die Sprache der Liebe“ am Freitag, dem 23. Februar 2024, in der Theaterwerkstatt in die Premiere. Der Mythos um Orpheus und Eurydike gehört in das Universum der Fantasie, dort wo sich die Grenze zwischen Sichtbarem und den Traumbildern verwischt. In „Orpheus oder Die Sprache der Liebe“ erklingen Lieder über Liebe und Leidenschaft genauso wie über Einsamkeit und die Endlichkeit des Lebens. Die Geschichte von Orpheus und Eurydike wird vom jungen Regisseur Sebastian Schimböck neu erzählt, mit existentiellen Texten erweitert und mit melancholischen bis rockigen Songs und atmosphärischen Sounds und Bildern auf die Bühne gebracht.

„Die Troerinnen“: Sind Auseinandersetzungen und Gewalt göttlicher Wille oder menschliches Versagen? In „Die Troerinnen“ seinem 400 Jahre vor Christus entstandenen Meisterwerk, das einen zentralen Stoff der griechischen Mythologie verhandelt, stellt Euripides die Sicht der Frauen ins Zentrum. Euripides’ Stück markiert erstmals in der Kulturgeschichte die Bruchlinie zwischen dem „fremden Osten“ und dem europäischen „Westen“, als dessen kulturelle Wiege Griechenland gilt. Unter diesem Zeichen steht die Premiere von „Die Troerinnen“ am Freitag, dem 1. März 2024, im Großen Haus. Die slowakische Regisseurin Sláva Daubnerová, die sich mit bildstarken Operninszenierungen und packenden Theaterabenden einen Namen gemacht hat, befragt mit ihrem Ensemble „Die Troerinnen“ auf ihren Gegenwartsbezug. Welche Spuren von Konflikten prägen sich tief in die Geschichte von Familien und Regionen ein? Wann endet ein Krieg wirklich, und was kommt danach?

Friedrich Dürrenmatts berühmtestes Stück „Die Physiker“ entstand 1961 vor dem Hintergrund der atomaren Aufrüstung im Kalten Krieg. Seine Warnung vor dem Missbrauch wissenschaftlicher Erkenntnisse durch die Mächtigen und die Frage nach der Verantwortung der Naturwissenschaftler*innen erlangt auch in der heutigen angespannten weltpolitischen Situation zwischen Ost und West ungeahnte Relevanz. Zwischen politisch-moralischen Fragen und überbordend komödiantischen Szenen richtetDürrenmatt seinen Appell an zukünftige Generationen: „Was alle angeht, können nur alle lösen.“ Die ungarische Regisseurin Kriszta Székely, die im Leitungsteam des renommierten Katona József Theaters in Budapest tätig ist und sich am Landestheater Niederösterreich mit ihrer bejubelten Inszenierung von „Drei Schwestern“ vorgestellt hat, wird mit ihrem Schauspiel-Ensemble das fragile Verhältnis zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik ins Heute transportieren. Premiere gefeiert wird am Samstag, dem 20. April 2024, im Großen Haus.

„Alfa Romeo und die elektrische Giulietta“: Eine italienische Industriellenfamilie lädt zum Dinner. Um den Tisch sitzen die Familienmitglieder aus der Dynastie eines bekannten Autoherstellers. Bei dem Abendessen geht es bald ans Eingemachte. Unter anderem wird heftig über die brisante Frage diskutiert: Sind schnelle Sportwägen in Zeiten des Klimawandels noch legitim oder schaden sie dem Prestige? Alsbald wollen sie ihr erstes elektrisches Automobil auf den Markt bringen. Doch auf dem Weg in die grüne Zukunft muss sich die Familie erst noch ihrer unrühmlichen Vergangenheit stellen. Das international erfolgreiche niederländische Schauspieler*innenkollektiv Wunderbaum arbeitet mit „Alfa Romeo und die elektrische Giulietta“ zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder in Österreich und gelangt am Samstag, dem 11. Mai 2024 zur Uraufführung im Großen Haus. Es entzündet ein musik-theatrales Feuerwerk, bei dem sich die Grenzen der künstlerischen Genres auflösen und die Realitätsebenen zwischen Schauspieler*innen und Rollen immer mehr verschwimmen. Dabei wird eine eigene, neue Kunstform für eines der großen Themen unserer Zeit entstehen. Eine Koproduktion des Landestheaters Niederösterreich mit dem Kollektiv Wunderbaum und Tangente St. Pölten – Festival für Gegenwartskultur

Hier noch ein Blick auf die geplanten 

GASTSPIELE

Schauspielhaus Zürich/Weiterspielen Productions: Christoph Marthaler
„Das Weinen“ (Das Wähnen) nach Texten von Dieter Roth.
„Marthaler at his best“ beschrieb der Deutschlandfunk diesen Theater-Abend – ein künstlerisches Gipfeltreffen der Schweizer Alltags-Transzendierer Christoph Marthaler und Dieter Roth in der Apotheke. Den Regisseur und Theatermacher Marthaler und den Objektkünstler und Dichter Roth (1930–1998) verbindet die Vorliebe für das Absurde, Verdrehte, Um-die-Ecke-Gedachte. Auf die Bühne ist eine aseptische Apotheke gebaut, „in der es Heilmittel für Blase, Magen, Herz, Auge, Darm und sogar für die Nerven gibt.
Dort tänzeln, gestikulieren und parlieren fünf weißgekleidete Pharmazeutinnen, Hilfsschwestern der Poesie.“ Dazu gibt es Musik von John Dowland, Schubert, Tschaikowsky und Mozart. Die Österreich-Premiere sehen Sie am Freitag, 26. und Samstag 27. Jänner 2024 im Großen Haus.

Les Visiteurs du Soir: „Darwin ́s Smile“ von und mit Isabella Rossellini
Isabella Rossellini ist eine der großen Schauspieler*innen des europäischen und amerikanischen Kinos. Legendär ist nicht nur ihr Auftritt in David Lynchs „Blue Velvet“. Die Tochter des italienischen Regisseurs Roberto Rossellini und der schwedischen Schauspielerin Ingrid Bergman gehört dabei nicht nur zu den profiliertesten Schauspieler*innen der letzten Jahrzehnte, sondern ist darüber hinaus seit genauso langer Zeit auch ein begehrtes Model. Weniger bekannt ist, dass sie auch einen Masterabschluss in Biologie hat und sich seit langem intensiv mit Tieren und ihrem Verhalten beschäftigt. In ihrer neuesten One- Woman- Show folgt Isabella Rossellini den Gedanken Charles Darwins, Begründer der Evolutionstheorie, zum Verhalten von Tieren und Menschen.
Ihre Show ist sowohl eine Lektion über Evolution als auch eine über die Schauspielkunst. Isabella Rossellini untersucht in „Darwin’s Smile“, inwieweit Empathie, die dem Schauspiel wesentlich zugrunde liegt, auch für die Erforschung des Verhaltens von Tieren wichtig ist. Mit Understatement und selbstironischem Ton demonstriert sie, wie die Schauspielerei dazu beitragen kann, sich der mysteriösen Natur der Emotionen von Tieren anzunähern, um sie zu verstehen. Mit Humor und einfachen, unverbrauchten Mitteln spielt sie auf der Bühne Hunde, Katzen, Hühner, Pfauen und natürlich nicht zuletzt Charles Darwin selbst: „Darwin’s Smile“. Österreich- Premiere: Freitag, 2. Februar 2024 und Samstag, 3. Februar 2024 im Großen Haus. Gastspiel einer Produktion von Théâtre National de Nice – CDN Nice Côte d’Azur in Kooperation mit Les Visiteurs du Soir.

(hst)

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