oethg logonewsletter hinweis

Von den Drehbüchern über die Soundtechnik: Künstliche Intelligenz ist in Bühnenproduktionen immer seltener wegzudenken. Was kann die Technologie? Und was bedeutet sie für die Kunst?

Künstliche Intelligenz ändert alles. Auch die Kunst. Was vor ein paar Jahren noch nach Science-Fiction klang, ist heute Realität: Ganze Bühnenstücke kommen aus dem Computer. Doch in welchen Bereichen der Bühnentechnik kann die Technologie genau eingesetzt werden? Und wo liegen die technischen und moralischen Grenzen?

Künstliche Intelligenz statt intelligente Künstler:innen

So viel steht fest: KI als künstlerische Ausdrucksform liegt im Trend. Eine Vorreiterin in diesem Feld ist die amerikanische Theaterregisseurin und Autorin Annie Dorsen. Schon 2010 hat sie ein erstes algorithmisches Theaterstück entworfen. Nach drei Jahren des Herumspielens mit GPT-2, Dall-E und den Nachfolgern und Konkurrenten folgte in diesem Jahr dann die Uraufführung von „Prometheus Firebringer“ am Bryn Mawr College. „Um es klar zu sagen: Diese Technologien wurden nicht entwickelt, um Künstler:innen zu unterstützen, sondern um sie zu ersetzen“, sagt Annie Dorsen.

Alles, was in Dorsens Stück auf einer Bühnenseite zu sehen ist, haben kommerziell erhältliche KI-Produkte hergestellt. Eine Reihe von KI-generierten Theatermasken führen Szenen auf, indem sie von KI-generierten Computerstimmen animiert werden. Die Szenen wiederum hat GPT-3.5 erstellt – das gleiche Modell, auf dem ChatGPT läuft. Auf der anderen Seite der Bühne hält Dorsen einen Vortrag, in dem sie über einige der Fragen nachdenkt, die diese Modelle aufwerfen.

So kritisch Dorsen selbst den Einsatz von KI am Theater sieht: Aufzuhalten ist die Entwicklung nicht mehr. Die ganze Veranstaltungsbranche steht vor einem großen Wandel. In nahezu allen Bereichen von Bühnenproduktionen ist das Potential für KI enorm. KI-generierte Eingabeaufforderungen die KI-generierte Drehbücher für KI-generierte Filme hervorbringen, die dann wiederum von KI-Schauspielern aufgeführt werden, sind alles andere als Zukunftsmusik.

Technik als Tonmeister

Vom Stage Design über das Ticketing über die Soundtechnik – in all diesen Bereichen experimentiert die Theater- und Veranstaltungsbranche mit KI oder setzt diese bereits als Standard ein. Sowohl in der technischen Umsetzung als auch in der Erschaffung von Kunst. Googles Music LM kann auf der Grundlage von Textvorgaben Originalmusik in verschiedenen Genres und Stilen erstellen. Und auch in der Postproduktion von Sounds tun sich neue Wege auf. So setzt das österreichische Unternehmen „sonible“ KI für das Abmischen von Sound im Studio ein. „In Zukunft werden wir sicherlich auch an Projekten arbeiten, mit denen unsere Technologie für die Soundoptimierung auf der Bühne in den Live-Betrieb integriert werden kann“, sagt Alexander Wankhammer, CMO von „sonible“. Den technischen Möglichkeiten scheinen in Zukunft kaum Grenzen gesetzt.

Diese Entwicklung wirft zwingend die Frage auf: Wie weit soll die gesamte Bühnen-Branche dabei gehen? Die Antwort auf diese Frage ist komplex. Soll Kunst KI als Werkzeug gänzlich ablehnen oder versuchen, sie zu nutzen, um sie zu hinterfragen, ihre Funktionsweise aufzudecken und Illusionen zu durchdringen? Es mag keine perfekte Antwort geben. Aber es liegt in der Verantwortung der Branche, diese Fragen sehr ernst zu nehmen.

Mehr Spaß mit alten Methoden

Annie Dorsen, eine der Pionier:innen des KI-Theaters, sieht die Entwicklung jedenfalls zunehmend kritisch. „Von Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes über die Überwachung am Arbeitsplatz bis hin zu Gesichtserkennungstechniken und der Verbreitung synthetischer Medien, einschließlich Deepfakes und Falschinformationen verbreitender Bots – die Schäden häufen sich. Und ich mache mir mehr und mehr Sorgen über die Rolle, die Künstler bei der Verbreitung dieser Technologien spielen“, sagt Dorsen. In Zukunft werde sie daher erstmal keine weiteren Theaterstücke mit generativer KI entwerfen. Neben der Kritik hat das auch einen sehr banalen Grund: Selber Kunst zu machen macht ihr am meisten Spaß. „Selbst wenn, oder vielleicht gerade, weil, es schwierig ist – warum sollten wir das automatisieren wollen?“

Wir verwenden Cookies, um unsere Webseite benutzerfreundlicher zu gestalten. Wenn Sie diese Webseite nutzen, akzeptieren Sie die Verwendung von Cookies.