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Das Volkstheater probte für eine Theateraufführung ganz ohne Darsteller. Theatertechnik pur in Zeiten der Pandemie.

Volkstheater
Der Raum, ein szenisches Gedicht am Volkstheater Wien. Foto: sentiero/starmühler

Der Vorhang geht auf und man sieht – nichts. Nichts? Oh doch: Aus Nebelschwaden kommen Lichtpunkte, Lichtkegel auf den einsamen Betrachter zu, wandern, leuchten, erscheinen und vergehen wieder. Sphärische Musik, Töne mit anschwellender und abflauender Intensität begleiten den Lichtzauber. Wie Stelen stehen die roten Säulen aus den Strahlern auf der Bühne, bis sie in sich zusammenfallen.

Scheinwerfer auf Stativen drehen sich auf der Bühne, beäugen einander, tanzen umeinander und gehen ab. Dann wird es lauter und in einer Endzeitstimmung fahren zwei Scheinwerfer aufeinender zu. Genauer gesagt: Ein Spot fährt langsam von der Decke herab, schießt gebündeltes eisblaues Licht  auf seinen Kontrahenten zu, der am Boden steht und sich mit ebensolchem Strahl gegen den herabfliegenden Ikarus wehren will. Ohrenbetäubend laut ist es, der Kampf entscheidet sich, der obere gibt auf und fährt wieder nach oben weg.

DER RAUM ist ein Stück von Ernst Jandl. Im Original steht es so:

der raum.
szenisches gedicht für beleuchter und tontechniker (7. 70)
I buch des beleuchters (gerade gedruckt)
II buch des tontechnikers (kursiv gedruckt)
anmerkung 1
die realisation von I und II erfolgt simultan
anmerkung 2
aufführbarkeit und grad der realisierbarkeit werden durch
beleuchter und tontechniker bestimmt .

Eine halbe Stunde tanzen die Lichter und wogen die Nebelschwaden und pfeifen und wummern die Lautsprecher.

Mit DER RAUM, einem szenischen Gedicht für Beleuchter und Tontechniker von Ernst Jandl, präsentiert das Volkstheater einen Prolog zur Spielzeit 20/21.
Was, wenn nicht wir es sind, die den Raum bestimmen? Sondern der Raum uns?
Etwa 130 Jahre nach seiner ersten Eröffnung sollte das Volkstheater bereits Anfang des Jahres in neuem Glanz für die Öffentlichkeit erstrahlen. Doch die aktuelle Lage verhindert dies – das Foyer, die Gänge, der Zuschauerraum, die Bühne: alles bleibt vorerst leer.

Ernst Jandl hat eine Ode an den Theaterraum und seine Technik: Licht und Farbe, Klang und Architektur, Nebel und Stille geschrieben. Eine metaphysische Erfahrung von Zeit und Raum – noch losgelöst von Sprache, von Plot und Figuren. Ein Sinnbild dieser Pandemie?

Patrizia Büchele, Pressesprecherin des Volkstheaters, erklärt uns, wie die Aufführungen von „DER RAUM“ bisher geplant waren: „Ursprünglich war DER RAUM quasi als Prolog der Spielzeit und der Eröffnung des Volkstheaters nach der Generalsanierung und unter der neuen Leitung von Kay Voges angedacht.

Geplant war ein Eröffnungswochenende mit BLACK BOX (Stefan Kaegi/Rimini Protokoll), DER RAUM und DER THEATERMACHER gegeben. Für DER RAUM hätte es über einen Tag verteilt mehrere Aufführungstermine gegeben.

Wie und wann wir DER RAUM nun der Öffentlichkeit präsentieren können ist derzeit leider noch unklar.“

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