Unter dem Eindruck des aufkommenden Nationalsozialismus schrieb Elias Canetti seinen einzigen Roman „Die Blendung“, für den er Jahrzehnte später 1981 den Nobelpreis erhielt.
Die Handlung des faszinierenden Buches:
Bücher beherrschen die Welt des verschrobenen Wissenschaftlers und „größten lebenden Sinologen“ Peter Kien. Für die Realität hat Kien keinen Sinn, vielmehr führt er ein skurriles Höhlenleben in seiner Bibliothek von 25.000 Werken. In seinem Kopf treten die gelehrten Schriften miteinander in Dialog.
Echte Gespräche mit anderen Menschen versucht er hingegen zu vermeiden. Eines Tages beobachtet er, wie sorgsam seine Haushälterin Therese mit seinen Büchern umgeht, und er beschließt spontan, sie zu heiraten.
Schon der erste Tag der Ehe bringt alles zum Einsturz
Doch schon am ersten Abend der Ehe bringt Therese beim Versuch, Kien zu verführen, seine Ordnung mit einer Handbewegung durcheinander. Hat sie mit Absicht den Stapel Bücher von seinem Schlafdiwan gestoßen? Kiens totalitäres Gedankengebäude gerät ins Wanken und sein System beginnt ins Chaos zu stürzen.
Zeitgenoss*innen des gesellschaftlichen Umbruchs
Der empathielose Büchernarr und bedeutende Sinologie Peter Kien, die habgierige Therese, ihr brutaler Geliebter Pfaff, der Betrüger Fischerle, sie alle können als Zeitgenoss*innen des gesellschaftlichen Umbruchs in den 1930er Jahren interpretiert werden. Kiens Geschichte ist aber auch die des heutigen westlichen Kapitalismus, für den wir bereit sind, große Kompromisse einzugehen, um den zerstörerischen Status quo aufrechtzuerhalten.
Puppen spielen mit
Mit hoher Musikalität, den Mitteln der Groteske und dem einzigartigen Zusammenspiel von Schauspieler*innen und Puppen kreiert der vielfach ausgezeichnete Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan seine Theaterwelten. In seinen Inszenierungen beschäftigt er sich seit vielen Jahren künstlerisch mit der Zeitgeschichte Österreichs und mit totalitären Gesellschaftsstrukturen. Für die Dramatisierung von Canettis Roman konnte der renommierte Schriftsteller und Psychiater Paulus Hochgatterer gewonnen werden.
Inszenierung: Nikolaus Habjan
Bühne: Jakob Brossmann
Kostüme: Denise Heschl
Musik: Kyrre Kvam
Mit Tim Breyvogel, Bettina Kerl, Julia Kreusch, Laura Laufenberg, Manuela Linshalm, Tilman Rose
Premiere ist am Sa 05.03.22, 19.30 Uhr
Weitere Termine siehe Landestheater St. Pölten