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In Litschauer Theaterfestival HIN & WEG kam es zu einer massiven Störung eines Konzertes. Kabel und Adapter waren Schuld und Lösung.

Nina Ortner spielt zum Schluss mit Ivica Dimitrijevic gemeinsam eher unplugged, also kabellos. Foto: Herbert Starmühler

Ein fulminanter Abend, der rätselhaft begann. Im Herrenseetheater, an einem lauen Sommerabend, hub ein Mazedonier an zum Konzerte. Doch nach drei etwas schrägen Gesangsbeiträgen, irgendwo zwischen John Cage und Uriah Heep angesiedelt, fiel dem Barden die Technik in den Rücken. Ivica Dimitrijevic, „John Cables“, musste passen. Es grammelte und krachte. Eine Tontechnikerin eilte dem 1984 Geborenen zu Hilfe. Diese, mutmaßlich nur halb so alt, konnte dem Problem aber auch nicht ganz Frau werden. Stöpsel gedrückt und gezogen, Kabel getauscht, verlängert, ergänzt. Die Sekunden wurden zu Minuten...

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Ivica Dimitrijevic scheitert nur scheinbar, neue Beziehungen werden auf der Bühne des Litschauer Herrenseetheaters geknüpft. Foto: Herbert Starmühler

Erst nach einer Weile schnallte auch das Publikum, dass hier kein normales Konzert im Gange war. Offensichtlich spielte die Technik mit der Technikerin (Nina Ortner), die Technikerin mit uns und der hilflose Sänger war gar nicht so chancenlos. Im Gegenteil, es entspann sich ein reges Diskutieren zwischen der Technikerin und dem Musiker über die Beziehungen, die von den blauen, roten und schwarzen Kabeln symbolisiert werden. 

Das Geld, die Liebe, die Europäische Union und die vielen Beziehungs-Notwendigkeiten des Lebens wurden in diesem Stück zum Gaudium des Publikums verwurstet. Selbiges durfte mitspielen, filmen, fotografieren und hatte eben seinen Spaß.

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Bühnentechnik beim Wort genommen: Die „Tontechnikerin“ Nina Ortner schweißt an Ort und Stelle die Verbindungen. Foto: Herbert Starmühler

Der Balkan und die Korruption made in Austria

Das zentrale Thema „Kabel“ wird in dieser Performance als Metapher ausgelotet – im konkretesten, aber auch im abstraktesten Sinne. Es werden Überlegungen darüber angestellt, wie Verbindungen hergestellt werden, wie es sich mit dem gegenseitigen Verständnis verhält, was Balkan-Stereotypen sind, aber auch was Korruption in Österreich und auf der Welt bedeutet und wie man ein kaputtes Kabel reparieren kann.

Die Performance taucht tief in die nicht enden wollende Korruptionsspirale der österreichischen Politik ein und nimmt das Publikum mit auf eine surrealistische und überraschende Reise durch Zeit und Raum. Die launenhafte menschliche Fähigkeit, Regeln aufzustellen und wieder zu brechen, steht dabei im Mittelpunkt – und wie schön und gefährlich dies manchmal sein kann.

Eine audio-visuell ansprechende und installative Performance, irgendwo zwischen Konzert, visueller Kunst und zeitgenössischer Analyse.

Inszenierung, Konzept und Video: Franz von Strolchen
Mit: Ivica Dimitrijevic, Nina Ortner
Text und Lyrics: Christian Winkler
Bühne und Kostüme: Markus Boxler
Musik: Ivica Dimitrijevi, Jane Trajkovski
Dramaturgie: Gábor Thury
Eine Koproduktion des Theaterland Steiermark und Theater am Lend, Graz

Ivica Dimitrijevic
wurde 1984 in Kumanovo, Mazedonien geboren. Er studierte Schauspiel an der Theaterakademie in Skopje. Nach seinem Abschluss war er festes Ensemblemitglied am Nationaltheater Kumanovo, ab 2012 wechselte er ans Nationaltheater Skopje, wo er bis heute Mitglied des Ensembles ist. Außerdem spielt Ivica Dimitrijevic in Spielfilmen, Kurzfilmen und Werbefilmen, konzipiert Performances und ist als Aktivist in Mazedonien tätig. 2017 gründete er mit Martin Ivanov die unabhängige Filmproduktionsfirma «MI FILM» bei der er als Regisseur und Produzent arbeitet. Zudem ist er außerhalb des Theaters als Musiker auf der Bühne zu sehen. Er spielt Gitarre in post punk und rock and roll Bands.

Ivica Dimitrijevic arbeitet öfters mit dem Regisseur Franz von Strolchen. Nach den gemeinsamen Produktionen «Fictional State» (u.a. am Thalia Theater aufgeführt) und «Digging» (Produktion des Nationaltheater Skopje) spielt er bei «Die Unscheinbaren» das erste Mal am Luzerner Theater.

Weitere Infos zum Theaterfestival HIN & WEG.

(hst) 

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