Es dauert ein bisschen, bis allen klar wird, was hier gespielt wird. Die Neuinszenierung von Rossinis „Il barbiere di Siviglia" im Rahmen der Salzburger Pfingstfestspiele glaubt man, seinen Augen nicht zu trauen: Auf einer großen Leinwand wird ein Schwarzweiß-Film gezeigt, der zum Stück passt und gehört.
Ja, nun erkennt man, dass es ja dieselben Protagonisten sind, die auch gerade live auf der Bühne stehen. Offenbar hat die Regie den Film ganz genau auf die Szenen abgestimmt. Doch wie wunderlich, nun kommen sie vom Filmset auf die Bühne des Salzburger Mozart-Hauses. Nun begreift jeder und jede im Saal erst: Es ist kein Film, es sieht nur so aus wie einer. Die Darsteller:innen sitzen hinter der Leinwand und machen genauso mit wie davor.
Projizierte Filmsequenzen wechselten sich mit Liveaufnahmen ab, die hinter der Bühne gedreht wurden. Szenenbild aus dem Video der Salzburger Festspiele
Dies ist aber nur einer der gelungenen inszenatorischen Gags, die sich Rolando Villazón einfallen ließ. Der ganze Barbier ist ein einziger Strom von spaßigem Slapstick. Cecilia Bartoli gibt ihrer Rosina eine Mischung aus Verzweiflung und Schalk mit, wenn sie aus dem riesigen Vogelkäfig ihren nach wie vor imposanten Tonumfang schmettert. Sie ist dort von ihrem Vormund Bartolo eingesperrt, der die Hochzeit mit dem Grafen Almaviva verhindern möchte – weil er selbst ein Auge auf sie geworfen hat.
Der italienische Bariton Nicola Alaimo glänzt mit einem Figaro, der so manchen Tanz auf die Bühne bringt, den man seiner Körperfülle wegen nicht für möglich gehalten hätte. Dazwischen führt er auf einem Scooter durch die Bühnenbilder.
Die Ideen, die Almaviva durch List zu seiner Rosina verhelfen sollen, sind zwar weniger „köstlich“, als Figaro meint, ohne Zweifel aber bestimmen sie die Geschehnisse, ja mehr noch: Figaro wirkt wie ein Mitautor des Stückes selbst, zumal er immer wieder aus der Handlung heraustritt, um sie distanziert zu kommentieren. „Die metatheatralische Dimension konnte Rolando Villazón noch erweitern — und so der Komik und Poesie neue Möglichkeiten öffnen. Der Verwandlungskünstler Arturo Brachetti verkörpert dabei einen Tagträumer, der sich gerne in alte Filme flüchtet. Was aber, wenn die Filmfiguren plötzlich in die Wirklichkeit heraustreten, um sich in einer Oper wiederzufinden?“ (Programmtext der Salzburger Festspiele.
Ein fulminanter Sonntag mit standing Ovations und einem abschließenden Geburtstagsständchen für Cecilia Bartoli.
(hst)