Zeitlose Aktualität auf der Bühne
„Astoria“ zeichnet das Bild einer fiktiven Gesellschaft, die von Profitgier und Naivität gelenkt wird. In dieser dystopischen Welt des erdachten Staates Astoria herrscht ein surrealer Optimismus, der von Umweltfreundlichkeit und Wohlstand träumt – alles jedoch nur ein Trugbild, erschaffen durch den Landstreicher Kilian Hupka. Die Parallelen zur heutigen Zeit sind nicht zu übersehen, was die Wahl, das Stück als Figurenstück zu inszenieren, umso interessanter macht. Die leicht überzeichneten Charaktere, die durch Puppen dargestellt werden, verstärken die Kritik an einer Welt, die blind der Gier folgt.
Figurenbau als Kunst des Überzeichnens
Für die Umsetzung der Puppen zeichnet Annemarie Arzberger verantwortlich, deren Ansatz bei der Gestaltung bewusst auf Überzeichnung setzt. „Das war eines der ersten Themen, die wir von Anfang an festgelegt hatten, dass wir uns zeitlich im Bezug auf das Kostüm und das Äußere nicht in den 30ern aufhalten wollen“, erklärt Arzberger. Ihr Ziel war es, die Figuren „edgy“ zu gestalten, mit klaren Charaktereigenschaften: „Gwendolyn so elegant wie möglich, Luitpold so unsympathisch wie möglich, Rosa sympathisch und Paul verwegen.“
Diese künstlerische Freiheit im Figurenbau schafft eine moderne Lesart der Charaktere, die durch ihre markante Darstellung die zeitlose Thematik des Stücks unterstreichen. Arzberger beschreibt den kreativen Prozess: „Im Prozess entwickeln sich die Dinge dann manchmal anders, aber das ist das Spannende daran.“
Leichtgewichtige Puppen für intensive Performance
Neben der visuellen Gestaltung der Puppen lag ein besonderes Augenmerk auf der praktischen Umsetzbarkeit. Die Puppenspieler agieren direkt mit den Figuren, sodass die Materialien eine zentrale Rolle spielten. „Da die Puppen von dem Puppenspieler nicht nur gespielt, sondern ja auch gehalten werden müssen, habe ich mich auf ein geringes Gewicht konzentriert“, sagt Arzberger. Die Puppen bestehen aus einem Mix aus Stoff, Wattevlies, Schaumstoff zur Stabilisierung, Glasaugen, Haarteilen, kleinen Kunststoffteilen und etwas Draht.
Diese Materialkombination sorgt nicht nur für die nötige Stabilität der Puppen, sondern auch für eine hohe Beweglichkeit und Ausdrucksstärke, die für das Spiel auf der Bühne entscheidend sind. Arzberger beweist damit, dass Puppenbau nicht nur eine handwerkliche, sondern auch eine künstlerische Disziplin ist, die die Verbindung zwischen Schauspieler und Figur ermöglicht.
Mit „Astoria“ bringt das Schubert Theater Wien ein hochaktuelles Stück in einer ungewöhnlichen Form auf die Bühne. Annemarie Arzbergers Puppenkreationen verleihen dem bitterbösen Gesellschaftskommentar Jura Soyfers eine zusätzliche Ebene der Überzeichnung und Modernität. Durch ihre Arbeit wird das Thema der blind auf Profit orientierten Gesellschaft auf eindrucksvolle Weise vermittelt – ein Thema, das auch heute nichts von seiner Brisanz verloren hat.
Premiere: 01. Oktober 2024, 19:30
Vorstellungen: 2., 3., 10. & 11. Oktober, 14. & 16. November um 19:30
Karten und weitere Infos:
https://schuberttheater.at/